Dr. med. Roland Eichler
Die 43-jährige Patientin stellte sich erstmals am 16.7.03 auf Empfehlung von Dr. Alfen wegen Rückenschmerzen bei Dr. Eichler vor. Sie berichtete, dass es seit dem Joggen im Winter begonnen habe, sie habe aber keine Erinnerung daran, ob sie sich irgendwie „vertreten“ oder sich sonst irgendwie verletzt habe, auch jogge sie schon lange und hatte noch nie Beschwerden dabei empfunden. Sie sei dann im Februar 2003 zu Dr. Alfen zur diagnostischen Abklärung und Therapie gegangen, der u. a. eine Bandscheibenprotrusio LWK 4/5 und eine lumbale und zervikale Muskelschwäche festgestellt habe. Die daraufhin durchgeführte Muskelkräftigungstherapie ( MKT ) habe sehr gut geholfen, sie sei dann fast wieder beschwerdefrei geworden. Dann sei es im Rahmen von Umtopfarbeiten in stark nach vorne gebeugter Haltung zu einem Rückfall gekommen, der sich trotz des jetzt durchgeführten Kieser-Trainings doch recht hartnäckig halte. Dr. Alfen schicke sie jetzt zur homöopathische Begleittherapie, um einerseits schulmedizinisch nicht erkennbare Hintergründe zu erfassen, um die doch nebenwirkungsträchtigen Analgetika vermeiden zu können und um evtl. einen noch schnelleren Therapieerfolg herbeiführen zu können.
Familienanamnese :
Keine chronische Krankheiten, keine rheumatischen Krankheiten, keine Tuberkulose und keine Geschlechtskrankheiten erinnerlich.
Eigenanamnese :
An Kinderkrankheiten Mumps, Windpocken, Masern und Scharlach. Z. n. TE wegen häufiger Tonsillitiden. 4 Kinder.
Jetztanamnese :
Sie habe einen brennenden Schmerz im unteren Rückenbereich, rechts schlimmer.
Nach vorne Beugen und nächtliches Umdrehen im Bett verschlimmere, ebenso hart liegen.
Besserung empfinde sie durch langsames Spazierengehen und durch Liegen auf der schmerzhaften Seite. Pelzigkeiten, Missempfindungen oder Schmerzausstrahlungen in die Beine seien ihr nicht aufgefallen, allerdings würden ihr die Arme beim längeren Sitzen oder auch nachts einschlafen, wovon sie sogar aufwache ( Der Befund zeigte eine deutlich eingeschränkte Kopfbeweglichkeit zur Seite, sowie schmerzhafte Myogelosen an den inneren Schulterblattwinkeln beidseits ). Soweit die Beschwerden seitens des Rückens. Um nun homöopathisch behandeln zu können, mussten nun, nachdem die Rückenschmerzsymptome eindeutig umrissen waren, auch alle anderen „Besonderheiten“ in der Individualität der Patientin erfragt werden, also die psychischen, allgemeinen und etwaigen anderen lokalen Symptome :
Was falle ihr noch auf?
Sie habe Haarausfall, früh beim Kämmen sei das vermehrt. Die Menstruation komme in zu kurzen Abständen, früher waren es meist 24-26 tage, zuletzt nur 21 Tage. Die Blutung sei 2 Tage stark, dann schnell schwach werdend. Früher seien schon immer vor der Menstruation Rückenschmerzen aufgetreten und zwar genau da, wo sie jetzt Rückenschmerzen hat.
Sie habe eine Schwellung und Schmerz an einer Stelle am rechten distalen Unterarm streckseitig. Kopfschmerzen hatte sie immer vor der Menstruation, mal stärker, mal schwächer, die letzten 3 Zyklen sei das jedoch nicht mehr aufgetreten. Sie sei kurzsichtig und habe trockene Augen. Bei Erkältungen neige sie zu Nasennebenhöhleninfektionen i. B. der Kieferhöhlen.
Ab und zu komme es zu Herpesinfektionen. Am Hals sei sie sehr kälteempfindlich, trage immer einen Schal; bei Klimaanlagen oder Wind bekomme sie schnell einen steifen Hals.
Die Schultergelenke seien ab und zu knackend. Ihr Appetit sei gut. Vorlieben deutlich für Essig, den liebe sie geradezu, auch sehr gerne Fisch. Abneigungen gegen Innereien.
Unverträglichkeiten: Weizenmehlprodukte, die lösen einen Blähbauch aus. Verdauung sei o. K. Durst sei normal. Harnwege normal. Sie habe eine Sonnenallergie, friere sehr leicht, Wärme sei deutlich angenehmer. Der Schlaf sei gut, manchmal auch nicht so gut. Träume: Früher hatte sie einen Traum, der sich öfter wiederholt habe. Wie ihr Gemüt sei? Sie sei offen und heiter, da könne man nichts sagen. Ob sie mal einen großen Kummer hatte?
Ja, ( Patientin beginnt zu weinen ), es sei so, dass sie vaterlos aufgewachsen ist, als Kind habe sie sich wohl dafür geschämt. Als Kind habe sie immer so tun müssen, als ob sie lustig wäre, obwohl ihr nicht danach war. Bis 1970 sei sie intern, dann bis 1973 extern in einem Heim gewesen, weil die Mutter sie wegen Platzmangels nicht nehmen konnte. Sie trage ihrer Mutter da aber nichts nach. Mit Trost könne sie nicht umgehen. Vor der Regel sei sie sehr gereizt und arbeitswütig.
Was sie sich wünscht?
Dass sie mal in eine Gegend ziehen könnte, wo sie ganz alleine sein könnte, wo es ruhig ist.
Soweit die zusammenfassende homöopathische Anamnese.
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Sie sehen, dass man bei der homöopathischen Anamnese zwar versucht, die aktuellen Symptome eines Patienten sehr genau zu erfassen, dass man darüber hinaus jedoch auch nach allen anderen psychischen, allgemeinen und lokalen Symptomen forscht. Dies hat seinen Grund darin, dass man in der homöopathischen Therapie stets nach der Individualität des ganzen Menschen sucht. Es gibt NICHT DAS HOMÖOPATHISCHE RÜCKENMITTEL, das jeder nehmen könnte, sondern man wählt stets ein zum vorliegenden Fall (bzw. zu den vorliegenden SYMPTOMEN) passendes Individualmittel aus. Eine Verordnung „nach der Diagnose“ ist demnach nicht möglich.
Die Grundpfeiler der homöopathischen Behandlung sind zu sehen im:
1.Ähnlichkeitsgesetz (Similia similibus curentur) und
2.In der Arzneimittelprüfung am Gesunden
Eine Arznei wird dann erfolgreich bei einem Patienten wirken, wenn diese - vorher an einem Gesunden geprüft - möglichst ähnliche Symptome hervorgerufen hat, wie sie nun bei dem zu behandelnden Patienten vorliegen. Und da am ähnlichsten nur eine einzige Sache (bzw. Arznei) sein kann, verbietet es sich auch, mehrere Arzneisubstanzen auf einmal und gleichzeitig zu geben.
Man müsste nun sicherlich zum besseren Verständnis näher auf diese theoretischen Überlegungen eingehen, doch würde das den Rahmen dieses Artikels sprengen. Wer sich dafür interessiert, möge sich bitte mit der hierfür geeigneten Literatur beschäftigen. Soweit zur Homöopathie an sich, doch jetzt zurück zu unserem hier vorgestellten Fall:
Wie konnte ihr geholfen werden? Die Symptome der homöopathischen Anamnese sollten nun möglichst dazu führen, ein homöopathisches Mittel zu finden, welches zu ihr passte, wozu ich nun die individuellen und sie charakterisierenden Symptome aus der Anamnese auswählte :
Relevante Rückensymptome :
Rückenschmerzen brennend, beim Umdrehen im Bett, besser durch Druck, besser durch Gehen
Relevante Gemütssymptome:
Beschwerden durch Kränkung; Reizbarkeit und Fleiß vor der Regel; Trost schlecht annehmend
Relevante Allgemeinsymptome :
Frostigkeit, Zugluftempfindlichkeit, Verlangen nach Essig
Relevante Lokalsymptome :
Steifheit cervikal; Myogelosen Schulterblätter
Diese aus der Anamnese sich ergebenden individuellen Symptome wurden nun mit der homöopathischen Arzneimittellehre verglichen. Das Mittel, welches diesen Symptome am ehesten entsprach, was dann das homöopathische Mittel Sepia.
Therapie und Behandlungsverlauf :
Am 21.07.2003 nahm die Patientin daraufhin das homöopathische Mittel Sepia XM (= C 10.000) einmalig ein.
Folgekonsultation Dr. Eichler am 12.08.2003 :
Die erste Woche nach der Einnahme sei sie sehr müde gewesen und die Menstruation sei nach 25 Tagen gekommen, auch sei sie sehr weinerlich gewesen. In der ersten Woche sei auch ein Gefühl von einer verdickten Zunge aufgetreten. Das alles sei jetzt aber wieder weg.
Ihrem Rücken gehe es schon sehr gut, sie habe keine brennenden Schmerzen mehr, sie merke es nur noch ganz schwach nachts beim Umdrehen. Die Arme seien nicht mehr eingeschlafen, der Schmerz am Unterarm sei auch ganz weg. Aufgefallen sei ihr auch, dass sie sich erstmals seit langem sogar vor der Menstruation sehr gut gefühlt habe, sie sei auch nicht mehr reizbar gewesen. Auch sei trotz Sonne keine Sonnenallergie aufgetreten.
Folgekonsultation Dr. Eichler am 17.09.2003:
Ihr Rücken sei sehr gut, da fühle sie sich ganz fit. Auch kein Einschlafen der Arme. Sie habe aber seit einem Ehekrach einen Herpes an der Lippe, sie habe ihren Ärger wohl nicht so richtig rausgelassen, ein paar Tage später sei das dann entstanden. Ihre linke Großzehe sei manchmal etwas taub, die Beweglichkeit aber ganz normal. Sie schlafe schlechter, wache oft gegen 2.00Uhr auf und liege dann lange wach. Der Haarausfall sei noch gleich.
Relevante Symptome dieses Mal :
Folge von unterdrücktem Ärger, schlaflos ab 2:00Uhr, Herpes labialis, Taubheit Großzehe
Therapie : Natrium muriaticum M ( = C 1000 ), einmalig drei Globuli.
Folgekonsultation Dr. Eichler am 14.11.2003 :
Sie sei im Urlaub beim Tauchen gewesen, durch die schweren Flaschen auf dem Rücken spüre sie es dort wieder etwas mehr, die Taubheit an der Zehe sei deutlich besser. Das Gemüt sei wieder sehr gut. Der Schlaf sei besser geworden, seit kurzem aber wieder schlechter, wieder schlaflos ab 2.00 Uhr. Die Menstruation sei schon nach 21 Tagen gekommen, sei hinsichtlich der Blutung auch stark gewesen ( ich riet ihr, die Eisenwerte abklären zu lassen, auch unter Berücksichtigung des Haarausfalls ).
Therapie : Wiederholung von Sepia XM.
Folgekonsultation Dr. Eichler am 09.03.2004 :
Dem Rücken gehe es sehr gut, sie mache auch weiterhin konsequent das Kieser-Training. Bei der Laboranalyse habe sich ein deutlicher Eisenmangel ergeben, was jetzt kompensiert wird. Ihr Schlaf sei deutlich besser, hat sogar wieder ganz durchgeschlafen. Gemüt sehr gut.
Zusammenfassende Betrachtung:
Der Patientin konnte hinsichtlich ihrer Rückenbeschwerden sehr gut geholfen werden. Die gemeinsame orthopädische Behandlung durch Dr. Alfen und die Ergänzung durch die Homöopathie vermochten ihr deutliche Vorteile zu verschaffen, indem es dadurch möglich war, ihren eigentlich individuellen Auslösemechanismen zielgerecht zu entsprechen.
Dr. med. Roland Eichler
Facharzt für Allgemeinmedizin / Homöopathie
Wilhelmstrasse 5
97070 Würzburg
Homepage : http://www.allgemeinarzt-dr-eichler.de
Weiterführender Link incl. Ortssuche: Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte
Die Patientin stellte sich erstmals in 2/2003 in unserer Praxis wegen seit Jahren bestehenden Rückenschmerzen und Kopfschmerzen vor. Nach eingehender Untersuchung ergaben sich folgende
Diagnosen:
Atrophie der autochthonen (=tiefe/unwillkürlich funktionierende Muskulatur) LWS und HWS-Muskulatur mit muskulärer Dysbalance und Blockierungen
Leichte Dysplasie re. Hüfte
Bandscheibenprotrusion L4-L5 mit segmentaler Degeneration
Cervicocephalgie
Aus den Behandlungsergebnissen war keine OP-Indikation ersichtlich.
Deshalb wurde die Patientin mit der Medizinischen Kräftigungstherapie (MKT) behandelt.
Andere Behandlungsmethoden, wie physikalische Therapie und Krankengymnastik brachten keinen Erfolg, da hierbei die tiefe unwillkürliche Rückenstreckmuskulatur, die für die Wirbelsäulenstabilität entscheidend ist, nicht erreicht wird.
Eine alternative operative Therapie wäre bei Operationsindikationen an der Bandscheibe, wie Fußheber oder Senkerparesen, Blasen-Mastdarmstörungen und Caudasymptomatik, die endoskopische transforaminale Nukleotomie (ETN).
Mit dieser Methode , die nur wenige Spezialisten weltweit beherrschen, kann man heute Bandscheibenvorfälle , quasi durch das Schlüsselloch schonend entfernen und es gibt entscheidende Vorteile im Vergleich zu der herkömmlichen minimalinvasiven, mikrochirurgischen Methode.
Vorteile der ETN
Ziel der Endoskopischen Transforaminalen Nukleotomie ist es, das verlagerte Bandscheibengewebe zu entfernen, um die eingeengten schmerzhaften Nervenwurzeln zu entlasten. Eine Besonderheit bei diesem endoskopischen
Verfahren ist der Zugangsweg, der durch das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale), also transforaminal, erfolgt.
Mit anderen endoskopischen Verfahren zur Bandscheibenvorfallentfernung können nur Vorfälle erreicht werden, die weiter seitlich (lateral) liegen. Der Großteil der Bandscheibenvorfälle (über 80%) befindet sich jedoch meist mittig-seitlich (mediolateral) Richtung Nervenwurzel oder mittig (medial) Richtung Rückenmark.
Bisher wird dieser überwiegende Teil der Bandscheibenvorfälle mit herkömmlichen offenen mikrochirurgischen Verfahren operiert.
Mit Hilfe der Endoskopischen Transforaminalen Nukleotomie können diese Vorfälle jedoch durch das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale) nahezu zielgenau erreicht und unter Schonung des gesunden Gewebes entfernt werden. Dieses spezielle OP-Verfahren wird mit High-Tech-OP-Instrumenten, wie z. B. Spezialkameras in Verbindung mit Computersystemen durchgeführt. Eine Vollnarkose ist nicht notwendig. Der Patient liegt in lokaler Anästhesie in komfortabler Seitenlage. Über ein Röhrchensystem (Außendurchmesser 6,4 mm) wird der Zugang zu dem zu operierenden Bandscheibenvorfall geschaffen.Bei der ETN wird ähnlich wie bei der mikroskopischen Mikrodiskektomie das Bandscheibenvorfallgewebe mittels feinmechanischen Fasszangen, allerdings nur unter endoskopischer Sicht und über ein Röhrchensystem, entfernt.
Dieses ausgereifte OP-Verfahren setzt langjährige arthroskopische und endoskopische Erfahrungen des Operateurs voraus und wird wegen des hohen Schwierigkeitsgrades nur in wenigen Wirbelsäulenzentren Europas angeboten. Die Lernkurve für dieses OP-Verfahren ist ausgesprochen lang.
Der Patient wird in Lokalanästhesie operiert – es ist keine Vollnarkose notwendig.
Der Zugangsweg erfolgt durch eine kleine Hautinzision, was ein geringeres Infektionsrisiko während und nach der OP bedeutet.
Aufgrund des transforaminalen Zugangsweges müssen nicht wie bei der mikroskopischen Technik Teile der Zwischenwirbelbänder (Ligg. Flava = „gelbe Bänder“) und Teile des Wirbelkörpers sowie der Wirbelgelenke entfernt werden (Hemilaminektomie, Fensterung), um den Bandscheibenvorfall aufzufinden und damit entfernen zu können – Instabilitätsgefahr nach der OP wird geringer.
Die Rückenmuskulatur muss nicht durchtrennt werden. Damit werden eine bessere Stabilität und weniger Wundheilungsschmerzen nach der OP erreicht.
Durch die Tatsache, dass weniger Knochensubstanz beschädigt wird, kommt es zu weniger Einblutung und damit zu geringerer Narbenbildung im Bereich der Nervenwurzel.
Der Patient kann nach einem Tag aus der Klinik entlassen werden. Bei Bedarf kann die OP auch ambulant durchgeführt werden.
Kürzere Rehabilitation. Das heißt: Schnelles Wiedererlangen von Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität.
In unserem Fallbeispiel wurde, wie auch bei größeren Vorfällen, die Patientin konservativ behandelt und war nach 20 Therapieeinheiten bis auf eine leichte radikuläre Symptomatik und allgemeines Unwohlsein beschwerdefrei und aus orthopädischer Sicht austherapiert.
Hier kam nun die homöopathische Behandlung zum Einsatz und die Patientin wurde völlig beschwerdefrei.
Fazit: Nach unserer Erfahrung ist ein multimodales Konzept mit der Kombination aus orthopädischer Therapie und Homöopathie sinnvoll und erfolgreich, da nicht alle Nervenschmerzen, auch nach Beseitigung des mechanische Drucks durch Operation oder MKT, völlig abklingen und noch andere Faktoren bei der Homöopathie berücksichtigt werden.
Dr. med. Florian Alfen
Facharzt für Orthopädie, Wirbelsäulenspezialist, Sportarzt
Zellerstrasse 43
97070 Würzburg
http://www.wirbelsaeulenspezialist.de
