Melja1980
13 Nov 2016, 22:26
Guten Abend,
seit einigen Wochen habe ich enorme Beschwerden mit dem Kopfgelenk der Halswirbelsäule. Es begann zunächst mit Blockadegefühl auf der linken Seite in dieser Region sowie leichten Bewegungseinschränkungen der Rotation nach links und rechts. Zudem knackte es häufig und laut mehrmals am Tag in meiner HWS. Danach fühlte sich die HWS zwar befreiter an, aber die Blockaden kamen kurze Zeit später wieder. Ich konsultierte daraufhin einen Physiotherapeuten. Nachdem er sich meine HWS angeschaut und abgetastet hatte sagte er, dass sich der 1. Halswirbel Atlas verschoben hat und mobilisierte ihn vorsichtig zurück. Außerdem sagte er das eine Funktionsstörung des Kopfgelenks da sei. Nach der Behandlung fühlte ich mich besser, aber die Blockaden sind immer wieder gekommen. Seitdem bin ich regelmäßig auf eigene Kosten in physiotherapeutischer Behandlung. Trotzdem sind die Beschwerden nicht besser geworden.
Der Orthopäde den ich aufgrund der Problematik konsultierte sagte nur, so lange es nur knackt und nicht weh tut sieht er eine weitere Diagnostik nicht als notwendig an.
Im Laufe der Zeit haben die Beschwerden nun leider sehr zugenommen. Mittlerweile bestehen die Blockadegefühle auch auf der rechten Seite. Außerdem kann ich nachts kaum noch schlafen, da ich ich enorme Schmerzen am Hinterkopf im Liegen habe. Zudem knirscht meine HWS im Liegen und Seitenlage ist kaum noch möglich, da dann zügig Blockaden entstehen.
Mein Physiotherapeut sagt das sich mein Atlas immer wieder verschiebt. Seine Behandlung hilft leider immer nur für ein paar Stunden bzw maximal einen Tag. Dann ist wieder alles wie vorher.
Ich bin also aufgrund der Zunahme der Beschwerden zu einem anderen Orthopäden/Unfallchirurg gegangen. Dieser hat zumindest geröntgt. Er sagte meine HWS hätte eine starke Steilstellung und sagte noch etwas vom Dens axis. Er sei sich nicht ganz sicher, ob der Abstand vom Dens zu einem anderen Wirbel normal wäre. Dafür müsse er aber in Ruhe nachmessen was er aber in meinem Beisein nicht tat. Er gab mir eine Halskrause damit ich nachts wegen der Schmerzen besser schlafen könne und sagte ich müsse meine Rückenmuskulatur mit Sport aufbauen. Dies habe ich begonnen. Leider habe ich nach dem Sport (zunächst leichte Übungen) immer starke Kopfschmerzen

Meine Frage ist nun was soll ich tun? Ich vermute das eventuell eine Instabilität der Kopfgelenke vorliegt und/oder eventuell etwas mit den Bändern oder Kapseln nicht stimmt. So etwas kann man ja auf einem klassischen Röntgenbild gar nicht sehen. Ein Funktions MRT wäre wahrscheinlich sinnvoll, aber dafür habe ich keine Überweisung bekommen. Außerdem scheine sich viele Ärzte gar nicht mit dieser Problematik auszukennen...
Kennt jemand einen Arzt der sich speziell mit der Diagnostik der Kopfgelenke gut auskennt und Erfahrung hat?
So kann es nicht weitergehen...
odysseus
14 Nov 2016, 10:59
Hallo Melja,
es tut mir leid, dass Du auch solche Probleme hast. Als bei mir das Theater angefangen hat (mein Hauptproblem im Bereich der Wirbelsäule ist eine Instabilität C0-C2) konnte ich auch gar nicht verstehen, warum die Ärzte trotz meiner starken Beschwerden nur so wenig Therapieansätze empfehlen konnten.
Der Orthopäde/Unfallchirurg, der die Bilder nachmessen will und Dir eine Halskrause und Muskelaufbau empfohlen hat, macht schon einmal einen sehr guten Eindruck. Es ist gut, dass er in Ruhe Messungen machen will und Dich ernst nimmt. Es ist wichtig, solche Ärzte in seinem Ärzteteam zu haben.
Leider ist mein Eindruck, dass es für solche Probleme im Bereich der oberen Halswirbelsäule bisher keine etablierten, gut erforschten Therapieansätze gibt, so dass das auch für die behandelnden Ärzte mit viel Unsicherheit verbunden ist. Anders als bei Bandscheibenvorfällen wird die OP-Indikation in diesem Bereich sehr streng gestellt, und wenn OP, dann wäre das eine Versteifungs-OP. Das aber ist die aller-, allerletzte Option, was heisst: Es muss ganz klar sein, dass konservative Behandlungsversuche keinen Erfolg gebracht haben. Und, leider: Selbst dann ist es schwierig, einen Operateur zu finden. Zumal das wirklich nur jemand machen sollte, der mit dieser speziellen OP viel Erfahrung hat.
Wenn ich auf meine persönlichen Erfahrungen zurückschaue, würde ich Dir heute diesen Rat geben:
Vermeide auf jeden Fall jede Form von Einrenken an der HWS. Mit einer Instabilität in diesem Bereich kann man dabei ganz schnell vom Regen in die Traufe kommen und es kann gefährlich werden. Ich wäre auch mit den vielen angebotenen Atlastherapien sehr, sehr vorsichtig; ich kenne einige Erfahrungsberichte von Patienten, denen es hinterher schlechter ging als vorher.
Höre auf Deinen Körper. Wenn Dir eine Therapie, eine Bewegung, was auch immer nicht gut tut, dann lass die Finger davon, auch, wenn davon die Rede ist, eine Erstverschlechterung sei normal. Lerne die Warnzeichen Deines Körpers kennen und versuche, herauszufinden, wie Du eine Verschlechterung abfangen kannst. Mein Warnsignal ist Übelkeit, zusammen mit dem Gefühl, dass sich die Wirbel verschieben. Wenn Übelkeit auftritt, dann muss ich meine HWS entlasten, mit Halskrause oder, in meinem Fall, mit Liegen in Rückenlage. So kann ich Ausfallerscheinungen abfangen.
Wenn die Wirbel verschoben sind, hilft mir, erst einmal darauf hinzuwirken, dass sich die Muskulatur lockert - aber alles auf eie Weise, bei der nicht von außen Kraft auf den Körper einwirkt (und definitiv nicht mit Botox). Tragen der Halskrause, eine lange heisse Dusche, Liegen auf der Akupressurmatte, Muskelentspannung, der Versuch, zu schlafen. Wenn die Muskulatur etwas gelockert ist, versuche ich vorsichtig, dazu beizutragen, dass die Wirbel wieder zurechtrutschen. Manchmal hilft mir, den Kopf lange locker nach vorne in der Halskrause hängen zu lassen. Manchmal hilft es mir, wenn ich auf dem Rücken liege, jemand statisch meine Zehen festhält und ich gegen diesen Widerstand meine Zehen nach oben ziehe. Manchmal hilft es mir, wenn ich im Sitzen meinen Kopf hinter den Ohren in meine Arme aufstütze, die Muskeln locker lasse und dann segmentweise, von unten bis oben, die Muskeln an meiner Wirbelsäule anspanne. Wenn der Zug der Muskeln sich an einer Stelle asymmetrisch anfühlt, dann halte ich in diesem Bereich die Anspannung länger, während ich die anderen Muskeln locker lasse. Keine starke Anspannung, einfach kontinuierlich. Manchmal hilft mir, wenn ich meine Arme leicht gebeugt vor mich halte und mit einem Arm Zug, mit dem anderen Druck nach vorne ausübe. Aber das sind alles Dinge, die sehr individuell sind. Was mir guttut, muss jemand anders nicht gut tun. Man muss da wirklich selber ausprobieren und auf den Körper hören. Bei mir ist es oft so, dass Muskelzug in eine Richtung Symptome verstärkt, während Zug in die Gegenrichtung gut tut.
Wenn die Wirbel richtig stehen, ist Muskelaufbau wichtig. Ich für meinen Teil vertrage nur achssymmetrische Übungen, die nicht isoliert die HWS-Muskulatur trainieren, sondern die gesamte Wirbelsäule, Bauch und Rumpf mittrainieren. Ich vertrage außerdem nichts, was dehnt oder mit endgradigen Bewegungen verbunden ist, und keine Zugbelastung auf die Arme. Gut tun mir Ganzkörper-Isometrieübungen und angepasste Übungen im Bewegungsbad.
Wenn die Wirbel richtig stehen, nehme ich die Halskrause nur bei Fahrten, um die HWS gegenüber Fliehkräften, Erschütterungen etc. zu stabiliseren. Ich musste meinem Arzt versprechen, die Halskrause so wenig wie möglich zu nutzen, damit meine Muskulatur nicht abbaut.
Letzten Endes wird vermutlich auch die Frage sein, was die Ursache der Instabilität ist. Gab es einen Unfall? Wurdest Du vor Beginn der Beschwerden an der HWS eingerenkt? Bist Du hypermobil und haben Deine Gelenke generell wenig Halt?
Das mit der Bildgebung in diesem Bereich ist tatsächlich nicht so einfach. Hast Du einen Folgetermin bei dem Orthopäden, der die Bilder vermessen will? Falls er nichts darauf sieht, wird er vielleicht weitere Bildgebung anfordern. Das Upright-MRT muss man mit befürwortendem ärztlichen Schreiben vorab in Einzelfallentscheidung bei der Krankenkasse beantragen, dabei sollte man sich darauf einstellen, dass man Widerspruch einlegen muss, weil das oft erst mal abgelehnt wird.
Ich weiss, wie böse diese Schmerzen sein können. Trotzdem möchte ich Dir ans Herz legen, nicht deswegen Therapieversuche im Sinne einer Atlastherapie zu starten, denn man kann durchaus vom Regen in die Traufe kommen, und Ausfallerscheinungen, die von dieser Höhe ausgehen, sind nicht gut - da lieber die Schmerzen, denn Schmerzen lassen sich besser behandeln als Ausfallerscheinungen. Hast Du denn einen Arzt, der zusätzlich zusammen mit Dir schaut, welche Medikamente Dir die Schmerzen etwas nehmen können, wenn sie ganz schlimm sind? Nicht im Sinne von Schmerzen betäuben und Problem ignorieren, sondern so, dass Du zumindest schlafen kannst.
Nachdem das alles jetzt vielleicht nicht so ermutigend klang, doch noch etwas Ermutigendes hinterher:
Zu dem Zeitpunkt, als meine Hauptbeschwerden Schmerzen waren, habe ich das ganz gut wieder in den Griff bekommen, das ging vorbei und mir ging es soweit wieder ziemlich gut (bis auf die einzelnen Tage, an denen mal wieder was verrutscht ist). Achte gut auf diese Schwachstelle Deines Körpers und geh vorsichtig damit um!
Ich wünsche Dir alles Gute!
Viele Grüße,
odysseus
Melja1980
14 Nov 2016, 19:43
Hallo odysseus,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich versuche mal die Fragen zu beantworten.
Also einen Unfall kurz vorher hatte ich nicht. Bin vor einigen Jahren wohl mal eine Treppe rückwarts runtergefallen und mit dem Kopf gegen die Tür gekommen. Hatte aber danach keinerlei Beschwerden. Bin im Frühjahr dieses Jahres zweimal eingerenkt worden. Hatte danach aber auch keine Beschwerden. Es ist also nichts kurz vorher passiert und dann fing es an, sondern es kam eher schleichend.
Habe jahrelang im Akutbereich auf einer geriatrischen Station als Therapeutin gearbeitet. Dort habe ich viel Erstmobilisation und Transfers durchgeführt. Eventuell habe ich mir da auch einige Fehlhaltungen angeeignet.
Einen Folgetermin habe ich bei dem Orthopäden noch nicht. War erst vor einer Woche da und es wurde eine klassisches Röntgenbild gemacht. An dem Tag stand der Atlas einigermaßen gut und somit konnte man natürlich auch nichts auffälliges sehen. Habe auch immer das Gefühl die Ärzte nehmen einen nicht ernst, wenn man denen sagt das der Atlas sich ständig verdreht. Die sind häufig der Meinung das wäre nicht möglich.
Mein Physiotherapeut ist auch der Meinung das ein Funktions MRT wichtig wäre, um eben auch zu sehen, ob Bänder und Kapseln ggf beschädigt sind. Der Orthopäde schien auch gewillt zu sein dies zu verordnen, aber er eminet er könne nicht röntgen und dann gleichzeitig ein MRT anordnen. Das würde die Kasse nicht mitmachen. Ich möchte bzw kann jetzt aber nicht nochmal 4 Wochen auf diese Verordnung warten, um dann nochmal wer weiß wie viele Wochen auf einen MRT Termin zu warten. Bin schon am Überlegen, ob ich das sonst eben aus eigener Tasche bezahle damit es etwas zügiger geht.
Viele Grüße
Melja
Jürgen73
14 Nov 2016, 20:11
Mallo Meija,
Zitat
Der Orthopäde schien auch gewillt zu sein dies zu verordnen, aber er eminet er könne nicht röntgen und dann gleichzeitig ein MRT anordnen.
Eine Röntgenuntersuchung ist ein grober Überblick.
Genaues kann man nur durch ein MRT diagnostizieren.
Der Orthopäde wird das sehr wohl abrechnen können.
Nur will er nicht sein Budget belasten.
Zitat
Bin vor einigen Jahren wohl mal eine Treppe rückwarts runtergefallen und mit dem Kopf gegen die Tür gekommen.