Hallo Tina,
ich habe mich in den letzen Monaten auch ziemlich mit diesen Themen beschäftigt. Tatsächlich findet man dazu in der Ärzteschaft sehr unterschiedliche Meinungen.
Zu den psychosomatischen Diagnosen: Wenn man mal im ICD-10 die Definition für Störungen aus dem somatoformen Formenkreis nachliest, dann steht da sinngemäß: Eine solche Störung ist gegeben, wenn der Patient weiter über Beschwerden klagt und weitere Untersuchungen einfordert, obwohl bereits Untersuchungen negativ ausgefallen sind und der Arzt dem Patienten mitgeteilt hat, dass es keine körperliche Ursache für seine Beschwerden gäbe. Sprich: Je weniger der Arzt sich auskennt, desto eher wird er eine solche Diagnose stellen (meine freie Interpretation).
Natürlich ist es auch psychisch belastend, wenn sich weder Diagnose noch Therapie für massive körperliche Probleme findet. Und erst recht psychisch belastend ist es, wenn man mit der körperlichen Problematik nicht ernst genommen wird. Und natürlich fördert all dies die Heilung nicht. Aber man darf nicht Ursache und Wirkung verwechseln, ebensowenig wie man die Psyche als monokausale Problemursache hinstellen darf. Ich bin der festen Überzeugung, dass Ärzte sehr viel Schaden anrichten können, wenn sie die körperliche Diagnostik auf Eis legen und die Beschwerden auf die Psyche schieben.
Mein Fazit inzwischen: Ärzte gezielt nach dem Aspekt aussuchen, ob sie fundiertes Wissen (ggf. Spezialwissen) zu den entsprechenden Symptomen haben.
Ich schreibe Dir gerne noch ein paar Ideen, wie Du diagnostisch weiter vorgehen könntest. Ich habe kein medizinisches Fachwissen und das muss alles auch nicht auf Dich zutreffen (der menschliche Körper ist ja sehr komplex und vielleicht ist bei Dir das Problem ein anderes als bei mir). Aber vielleicht hilft Dir das ein bisschen weiter. Recherchiere am besten selber weiter zu den Stichworten, die ich Dir schreibe, und überlege für Dich, ob Du in diese Richtung weitergehen willst.
Wurden bei Dir denn schon einmal die Kopfgelenke untersucht? Mir sind dazu folgende Untersuchungsmöglichkeiten bekannt:
- Röntgenaufnahmen: "Dens-Zielaufnahme" (von vorne durch den geöffneten Mund) und seitlich in Beugung nach vorne und hinten (Inklination und Reklination/Extension)
- beim MRT wird der Bereich der Kopfgelenke (C0-C3) oft nicht mit abgebildet. Ggf. beim MRT gezielt darauf hinweisen. Allerdings sind Aufnahmen im Liegen auch weniger aussagekräftig als Aussagen im Stehen oder mit gedrehtem/geneigtem Kopf.
Ein funktionelles MRT der Kopfgelenke kann (mit Unterstützung eines Arztes) bei der Krankenkasse beantragt werden (wird aber auch nicht immer bewilligt). Erfahrung mit der Untersuchung haben nur wenige Radiologien. Sinnvoll wäre ggf. auch ein Upright-MRT in Funktion (das gibt es in Deutschland meines Wissens nach allerdings nur in vier Privatpraxen)
- Physiotherapeuten kennen sich oft gut mit manuellen Untersuchungen bezüglich der Kopfgelenke aus
- es gibt einige Orthopäden, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben - allerdings sind das leider oft Privatärzte
In Sachen Schwindel würde ich zu einem HNO-Arzt gehen, der sich mit Zusammenhängen zwischen der Halswirbelsäule und Schwindel auskennt. Am besten ein Neurootologe; die haben spezielle Messgeräte.
Bei den Messungen beim Neurologen habe ich die Erfahrung gemacht und auch von anderen gehört, dass dabei nichts rauskommen muss. Zum einen werden nur ausgewählte Nerven gemessen, und zum anderen treten ja manche Probleme vielleicht nicht immer oder nicht immer gleich auf, nur bei bestimmten Kopfstellungen etc... Das kann bei den Messungen wohl schlecht erfasst werden.
Zum Ultraschall: Das ist sicherlich sinnvoll - im Optimalfall in Funktionsstellungen des Kopfes. Das wird z.B. in der Leitlinie zum Thema Vertebralisinsuffizienz auch explizit empfohlen, in der Praxis aber wohl nur sehr selten gemacht. Vielleicht praktiziert ja einer der Verfasser dieser Leitlinie bei Dir in der Nähe? Das wäre ggf. ein Ansprechpartner, der sich besser mit dem Thema auskennt. Die Vertebralarterie verläuft ja seitlich in der Halswirbelsäule.
Leitlinie VertebralisinsuffizienzSoviel für den Moment von mir. Wenn Du noch Fragen hast, kannst Du Dich gerne melden. Ich teile mein Recherchen- und Erfahrungswissen gerne.
Alles Gute Dir und gute Besserung!
Viele Grüße,
odysseus