bin nach 3 Wochen aus der Reha in Bad Nauheim zurück (siehe Urlaubskarte). Fest vorgenommen hatte ich mir, in der Zeit etwas gegen meinen Stress zu tun, meine Schulter zu kurieren, meine HWS-Schmerzen (Prolaps C5,6 diverse Protisionen, Streckfehlhaltung und Impingement) besser in den Griff zu bekommen und meine Gangsicherheit zu verbessern.
Beunruhigt hatten mich vorher schon Äußerungen hier im Forum, nach der Reha ginge es vielen Bandis schlechter, wie vorher.
Ein sehr netter Empfang an der „Pforte“. Gleich Blutabnahme, Wiegen, messen etc. ging etwas schnell. Der Altersdurchschnitt erschien mir relativ hoch, was mich aber nicht sonderlich gestört hat, da ich sehr schnell nette Menschen kennen gelernt habe und ich auch die Auffassung vertrete, dass man in einer Rehaeinrichtung nicht zum Partymachen ist. Die Freizeitmöglichkeiten im Haus, Billardtische, Kegelbahn, Tischtennis, Schwimmbad, Spiele, Wald vorm Haus…..alles da. Vor allem die Sonnenterasse im 6 Stock, auf dem ich untergebracht war (Zimmer mit KabelTV), ließ etwas das Gefühl von Urlaub auf einem Schiff aufkommen, wobei bisweilen störte, dass irgendjemand ein Radio dudeln ließ. Weiß nicht, wie viele Wolken ich gezählt habe. Man begegnet Menschen, die sehr krank sind, auch Krebspatienten waren in einem Stockwerk untergebracht, nicht nur Reha sondern auch Patienten nach OP-Anschlussheilbehandlungen. Viele erzählen von ihren wunderbar geglückten Operationen, viele erzählen von ihren gescheiterten. Ich hatte etwas den Eindruck, dass es vor allem den HWSlern schlechter ging in der Reha. Man konnte sie sehr schnell auch ohne Worte erkennen. Die Gruppen für die Gymnastik waren oft gemischt, ich hatte bisweilen das „Pech“ mit vielen LWSlern zusammen zu sein, die andere Übungen machen konnten wie ich. Man wurde aber immer aufgefordert, sich zu melden, wenn eine Übung Schmerzen hervorruft. Der Tagesablauf war bestimmt durch den Computerplan, der sich – unterbrochen von den Mahlzeiten täglich etwas ändern konnte. Die Philosophie des Hauses war, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, schnell Unzufriedenheiten zu äußern und nicht bis nach der Reha zu warten. So gab es Patienten, die bei Mißfallen das Zimmer wechseltn konnten. Schnell bekam ich ein halbes Kopfkissen statt der hws-ungeeigneten vollen. Diesem o.g.Anspruch ist die Klinik sehr gerecht geworden. Es wechselten Vorträge über Stressmanagement, Ernährung mit Behandlungen in den Abteilungen Bad und Massage, Krankengymnastik oder Psychologie ab. Bei mir gab es eine Reihe von Dingen, für die ich als HWS’ler keine Freigabe gab: Schwimmen, Wassertreten, Fahrradtraining, Wandern – einige Leute nahmen an Walkinggruppen teil… Von den schönen Trainingsgeräten im Orthoraum (Butterfly, Rudergerät, pulldown etc durfte ich leider nur eins benutzen). Tai Chi oder Qi Gong gab es leider (noch) nicht. Es blieb bei Einzel- und, Wirbelsäulengymnastikgruppe, Rückenschule, Einblicke in die Anatomie der Wirbelsäule, Fango, Moorbad, Interferenz, Niederfrequenz, Ultraschall, Zugmaschine, Massage, progressiver Muskelentspannung und bei Gesprächen mit den Ergotherapeuten. In der Alltagsrückenschule wurde sogar die Sexualität mitbenannt. Ein Arbeitsplatz wurde konkret exakt vermessen, auch das eigene Auto wurde aufgesucht. Ich lernte, dass bei meinem langen Oberkörper nicht unbedingt ein Keilkissen auf den Stuhl gehört (seit 6 Jahren hatte ich das aufgrund des Rates einer Krankengymnastin gemacht), und dass es z.B. auch im Auto aufgrund der Rutschgefahr nichts zu suchen hat. Auch fand ich spannend, dass ich mit kleinen regelmäßigen isometrischen Übungen genauso viel und mehr erreichen kann, wie durch starkes Körpertraining an irgendwelchen Maschinen, zumal das Orthotraining außerhalb der Klinik in Zentren relativ teuer ist und man nicht alle Geräte benutzen kann. Es gab vor allem viele Anregungen zum Thema Stressentstehung und -management, Stressfaktoren und -reaktionen und viele Übungen in Papierform für zu Hause. Dass sich bei meiner Arbeit viel ändern wird wurde mir schnell klar. Vor allem die Infos zum Thema Schmerzbewältigung als Strategie der Aufmerksamkeitslenkung fand ich sehr interessant. Schmerz als Magnet für den Aufmerksamkeitsscheinwerfer, obwohl es noch viele andere Lichtkegelmöglichkeiten (schmecken, riechen, sehen, hören, denken, vorstellen, tasten etc.) gibt. Die Krankengymnastik in einem Raum mit 10 anderen Personen fand ich zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn um 7 Uhr Einzel KG auf dem Plan stand, bedeutete das dass eine Art Marktausrufersituation der Krankengymnasten entstand, die doch zur Aufheiterung der allgemeinen Stimmung beitrug. Das Bewegungsbad in der Gruppe war bisweilen etwas „ernüchternd“ (irgendjemand hat im Forum einmal den nicht ganz unzutreffenden Witz mit den Gummientchen gepostet).
Individuelle Rückentrainings täglich durchgeführt, sind natürlich Pflichtprogramm. Eine Zugmaschine kann man zuhause mit einem 3m langen Terraband ersetzen.
Zum Glück hatte ich mein Tensgerät dabei, um darüber hinaus selbst aktiv was gegen die Schmerzen machen zu können.
Für mich war es als HWSler ziemlich hinderlich, dass, die Klinik auf dem Kaiserberg lag, so schön die Landschaft auch war. Zum Glück hatte ich mein Auto dabei, denn trotz der 10 Minuten Fußweg ins Zentrum war das für mich noch zu heftig. Die (musikalischen) Veranstaltungen in der Klinik richteten sich doch eher an die älteren Semester.
Zu verbessern in der Einrichtung ist wenig, vielleicht als Idee das Anlegen eines Parcours zum Gangtraining, wie es ihn in anderen Rehakliniken gibt. Im Fernsehen sah ich z.B. einen Bericht über eine „Luxus?“-Rehaeinrichtung, die sogar über einen Teich mit Boot zum Gleichgewichtstraining verfügte... aber man sollte es natürlich nicht übertreiben mit seinen Wünschen.
Fast alle Mitarbeiter des Hauses waren durchweg sehr sehr nett und bemüht, nur ganz wenige hatten bei der Aufsicht im Orthotrainingsraum oder beim Bewegungsbad zu weilen einen etwas militärischen Tonfall der Gruppe gegenüber ohne sich z.B. nach dem Aufrufen der jeweiligen Kleingruppen“kurs“teilnehmer selbst vorzustellen. Insgesamt herrschte trotz der 6 Stockwerke eine sehr freundliche und persönliche Athmosphere im gesamten Haus mit „hallo“ hier und „hallo“ dort. Gefehlt hat mir etwas das Interesse an den mitgebrachten Computertomografien, vielleicht ein erläuterndes Arztgespräch zu den Befunden und zu der zu erwartenden Perspektive aus medizinischer Sicht. Auch hatte mir meine Krankengymnastin detaillierte Aufzeichnungen über ihre begonnene Behandlung mitgegeben, die auch nicht so auf Interesse stießen, was aber in der ersten Woche hilfreich gewesen wäre. Ich habe erkannt, dass der „aufrechte Gang“ ein schmerzhafter Prozess ist und dass es ihn nicht zum Nulltarif gibt. Bereits nach 3 Tagen bekam ich übrigens solche Schmerzen, dass ich wieder Tabletten nehmen musste und bis zur zweiten Woche über einen Rehaabbruch aufgrund der Verschlechterung nachgedacht habe. Vielleicht war der Behandlungsmarathon doch zu viel für meine Wirbelsäule? Vom Gefühl her tat mir nun nicht mehr nur die HWAS sondern auch noch die gesamte Breitseite der BWS tierisch weh. Dennoch habe ich langsam in Maßen weitertrainiert und mich halt z.B. bei der Zugmaschine mit 2 Kilo statt mit 4 Kg zufrieden zu geben (zu meinem Missfallen bewältigten viele alte Patienten wesentlich mehr…) Den immer wieder geäußerten Ratschlag der Ärzte, doch die Halskrause/Cervikalstütze öfters zu tragen, habe ich nicht gern befolgt, da mein Orthopäde zu Hause mir gegenteiliges mit auf den Weg gegeben hatte. Vielleicht will man in der Reha ärztlicherseits kein Risiko eingehen. Erst in der dritten Woche wurde es langsam besser und ich konnte Versuche starten vom 6. Stock zumindest die Treppen herunter zu Fuß zu nehmen.
Ich denke, die 3 Wochen waren sehr wichtig für mich und ich nehme viel mit. Unglücklich war, dass ich bereits in der zweiten Woche um eine Verlängerung der Reha gebeten hatte, die einen Tag vor Abreise abgelehnt wurde, da die BFA nur in sehr begründeten Ausnahmefällen eine Verlängerung erteilt, wie ich hörte. Dann 3 Stunden später erfuhr ich, dass ich doch verlängern könnte, was ich dann aber aufgrund der völligen Kurzfristigkeit nicht mehr gemacht habe, zumal ich mich bereits von vielen Menschen verabschiedet hatte.
Fazit: ohne die Auszeit hätte ich ein Umdenken im Hinblick auf die Verbesserung meiner Situation auf den vielen machbaren Ebenen sicher nicht geschafft. „Wolken vermessen“
