Hallo Florian,
ja, das ist eine sehr gute und berechtigte Frage von Dir. Chronische Rückenschmerzen sind ein sehr verbreitetes Leiden und in Deutschland der häufigste Grund für eine verfrühte Rente (EM- und EU-Rente).
Ich werde Dir erstmal kurz allgemein das Phänomen "chronischer Schmerz" und die Ursachen dafür erklären:
Oft beginnt der Weg in den "chronischen Schmerz" mit einer Vernachlässigung. Jede Form von Schmerz sollte sehr ernst genommen und entsprechend behandelt werden. Akuter Schmerz dauert nur kurze Zeit an und hat eine Warnfunktion. Schmerzrezeptoren, verteilt über den ganzen Körper, reagieren auf bedrohliche Reize und leiten sie über Nervenbahnen zunächst an das Rückenmark. Von dort aus gelangen sie ins Gehirn. Im Gehirn werden die Reize dann ausgewertet und als Schmerz wahrgenommen. Schmerzverarbeitung und Schmerzwahrnehmung finden in mehreren, verschiedenen Gehirnbereichen statt. Damit wir nicht ständig Schmerzen haben, besitzt der Körper auch ein Schmerzunterdrückungssystem. Körpereigene morphinähnliche Stoffe (Endorphine) dämpfen normalerweise akute Schmerzreize sehr schnell. Wenn ein Schmerzreiz allerdings sehr stark ist und zum Beispiel nach Unfällen oder Verletzungen länger andauert, können die Endorphine das nicht mehr alleine unterdrücken. Die Ausschüttung der endorphine reicht dann nicht mehr aus, um die Reizübertragung an den Nervenzellen im Rückenmark zu unterdrücken. Starke, ständig wiederkehrende Schmerzreize können Nervenzellen verändern und damit kann das fein aufeinander abgestimmte Regelsystem aus erregenden und hemmenden Impulsen aus den Fugen geraten. Danach führen dann sogar leichte Reize oder Berührungen zu starken Schmerzen, weshalb sich dann ein Schmerzgedächtnis ausbildet. Das Gehirn kann dann sogar selbst Schmerzsignale produzieren. Chronische Schmerzpatienten haben häufig Schmerzen, ohne dass es einen konkreten Anlass dafür gibt.
In Deinem Falle sind ja zum Beispiel die Frakturen gut verheilt. Ich kann mir gut vorstellen, daß sich bei Dir bereits ein Schmerzgedächtnis ausgebildet hat.
Mit Hilfe einer adequaten Schmerztherapie incl. Psychotherapie kann das Schmerzgedächtnis aber in manchen Fällen überlistet werden.
Die Psyche spielt beim chronischen Schmerz eine sehr große Rolle. So können Streß und und Schlafstörungen zum Beispiel auch zum sogenannten "übertragenen Schmerz" führen. Das heißt der Schmerz breitet sich aus auf andere Areale, die mit der primären Schmerzstelle augenscheinlich nichts zu tun haben scheinen.
Dieses Phänomen kommt bei chronischem Rückenschmerz sehr oft vor, gerade bei einer primären Schmerzursache in der BWS.
Das hat damit zu tun, daß der Grenzstrang des Vegetativen Nervensystems sich zum größten Teil in der BWS befindet. Das Vegetative Nervensystem (Nervensystem zur Steuerung der Organe im Körper) spielt eine wichtige rolle beim chronischen Schmerz.
In manchen Fällen kann zum Beispiel eine Blokade des Sympathikus (aktivierender Teil des Vegetativen Nervensystemes) zu einer deutlichen Schmerzlinderung führen.
Allerdings wird dies nur recht selten durchgeführt.
Ich hoffe, ich habe Dir mit Deiner Frage etwas weiter helfen können.
Liebe Grüße von Nicoline