Hallo zusammen,
möchte schmerzgepeinigten Bandscheibenbetroffenen mal ein bisschen Mut machen.
"Kurz" meine Geschichte: Hatte vor 2 Jahren erstmalig einen sehr schweren, ausgeprägten Vorfall L5/S1 mit starker Nervenkompression und resultierenden Ausfällen u. Lähmungen. Orthopäde empfahl dringendst OP, schrieb routinemäßig auch KG auf, die ich auch erstmal wahrnahm. Konnte damals kaum laufen, schlafen, sitzen - alles war eine unvorstellbare ständige Qual, konnte mir zu diesem Zeitpunkt keine Besserung vorstellen... Gleichzeitig wollte ich mir andere objektive Meinungen zur OP-Empfehlung einholen, konsultierte drei weitere völlig voneinander unabhängige erfahrene Fachärzte (Oberarzt Neurochirugie Uni, Oberärztin Orthopädie Uni, Privatklinik Neurochirug) Nach jeder Untersuchung und Testung der Ausfälle wurde mir von allen dringende OP angeraten. Gleichzeitig studierte ich nicht nur das Forum und die zahlreichen Berichte hier, sondern auch andere, sehr kritische Literatur. Ich persönlich habe mich trotz oben beschriebener dringender OP-Empfehlung gegen die OP entschieden, weil ich zum einen totale Angst vor dieser Art des Eingriffs an meiner Wirbelsäule mit den verbundenen Risiken (zwar statistisch selten, aber für mich ängstigend genug) hatte, zum anderen vor den sehr häufig auftretenden postoperativen Folgebeschwerden (Vernarbungen, Facettensyndrom u.a.) scheute. Das erste Jahr war unerträglich (monatelanges Schlafen nur in Stufenlagerung möglich, ansonsten nächtelanges gekrümmtes Trippeln während stundenlanger Schlaflosigkeit, häufiges Umknicken des Fusses bei normalem langsamen Gehen, Vorbeugung nur noch mit Händen bis ca. Kniehöhe möglich, Tage und Nächte nur mit täglichen Schmerzmitteln durchzuhalten, kein Sitzen über 5 Minuten hinaus, keine zwei Schritte "Joggen" bzw. schnelleres Gehen möglich, keine zwei Brustarmzüge. Letztere Dinge sollten zwar vermieden werden, aber ich wollte es
einfach ausprobieren, was überhaupt noch körperlich geht und was nicht. Aber NICHTS ging mehr. Bei und nach jeder KG Sitzung höllische Schmerzen, die Übungen waren kaum durchführbar. P.S: Bin ansonsten sehr sportlich und auch schmerzresistent gewesen. KG wurde nach 10 Mal auf Anraten der Gymnastin abgebrochen, so dass ich dann gegen den ausgeprägten Vorfall aktiv gar nichts mehr unternahm und nur noch passiv darauf wartete, dass die Schmerzen irgendwann irgendwie besser und aushaltbarer werden.
Ich hoffte hier vor allem auf eine natürliche Regeneration bzw. einen schrittweisen Abbau des herausgefallenen Bandscheibenmaterials.
Und siehe da: Nachdem die akute Nervenreizung endlich besser wurde (auch weil die ständige Reizung durch die -wie ich finde, viel zu früh eingesetzte KG ausblieb), benötigte ich auch nicht mehr täglich Schmerzmittel, sondern die zeitlichen Abstände wurden immer größer. Grundsätzlich habe ich zwar immer noch täglich Schmerzen gehabt, aber nur an ganz schlimmen Tagen danach gegriffen, da ich nicht in der Folge noch Nierenprobleme davontragen wollte) Die Intensität der Schmerzen ließ auch langsam aber stetig nach. Irgendwann konnte ich auch schrittchenweise die Stufenlagerung abbauen. Ich habe aber - weil ich anfangs auch gar nicht anderes konnte, mich sooft es ging, tagsüber hingelegt und dem Rücken Ruhe gegönnt. Ansonsten bin ich einem normalen Alltag nachgegangen, obwohl ich mich überhaupt nicht mehr normal einsatzfähig fühlte. Ach ja, das Einzige, was ich beherzigt habe, war, fortan alles möglichst rückengerecht zu machen (jedes alltägliche Bücken und Sitzen) und nichts Schweres mehr zu tragen. Habe mir sogar ein Einkaufsziehwägelchen angeschafft. Jede Handtasche habe ich konsequent nur noch über Kreuz getragen. Im übrigen habe ich mir diesen Bandscheibenvorfall auch nur durch jahrelanges, nicht rückengerechtes Alltagsverhalten und falsches (und verwrungenes und zu schweres) Heben aus Bequemlichkeit selbst zugezogen, obwohl
mir das korrekte Verhalten nichts Unbekanntes war, habe ich immer gedacht, ich ob der Sportlichkeit und körperlichen muskulären Situation könne meinem Rücken doch
mehr und auch Falsches zumuten. Ein großer Fehler.
So, nun sind zwei Jahre vergangen, und es war wie gesagt ca. ein Jahr "die Hölle" wurde aber dann stetig besser, so gut, dass ich jetzt an den meisten Tagen überhaupt nichts mehr spüre, an schlechten Tagen (nur ca. 1 Mal alle zwei Monate) etwas Ziehen noch das Bein herab - das ist alles!
Ich möchte mit meiner Geschichte einigen etwas Mut machen, das es auch anders gehen kann, vorausgesetzt, man hat genug Kraft und Ausdauer, eine nicht geringe Zeit mit Höllenqualen und Beeinträchtigungen (Ich habe oft gedacht, obwohl von der Art nicht vergleichbar, solche Schmerzintensität kenne ich bislang nur von Wehen) irgendwie durchzustehen, wobei es immer wichtig ist, die Schmerzen doch zu lindern bzw. auszuschalten, damit man es erstens überhaupt aushalten kann, es zweitens nicht zur dauerhaften Ausbildung des Schmerzgedächtnisses kommt. Bin froh, dass ich mich damals auch nicht von einem dieser o.g. Ärzte zu der angeblich nun dringend erforderlichen, dauerhaften OPIUM-Schmerztherapie habe überreden lassen...
Wegen einer anderen Sache war ich letztens mal wieder beim Orthopäden und dieser
riet vorwurfsvoll zur Stärkung der Rückenmuskulatur, war andererseits aber auch sichtbar beeindruckt über meine Erfolge der "passiven Schontherapie", äußerte sich jedoch kaum darüber.
Ich denke, mein Fall hat deutlich gezeigt, daß auch hier der Körper, wie in vielen anderen Fällen möglich, die Fähigkeit hat, sich bis zu einem gewissen Grad selbst zu heilen, man muss ihm nur die notwenige Zeit geben.
Ich weiß aber auch, dass mein Fall nicht auf jeden anderen übertragbar ist, manchmal ist eine OP wirklich angezeigt (bsw. Blasenausfall). Dennoch glaube ich, daß in vielen Fällen die postoperativen Konsequenzen bei vielen OP-Empfehlungen ausser Acht gelassen werden und dadurch die betroffenen Patiewnten zu häufig erst in diesen Teufelskreis von Beschwerden und OPs geraten. Unverantwortlich fand ich auch meine persönliche Erfahrung, mich zu einer weiteren lukrativen chronischen Schmerzpatientin machen zu wollen, wobei meine durchaus berechtigten Argumente : das dies doch abhängig mache, völlig heruntergespielt und geradeheraus verneint wurden.
Bei der anderen Empfehlung hatte ich zwar einerseits auch das Wissen, dass es sich um eine guten erfahrenen Facharzt handelte, auf der anderen Seite bewegte ich mich natürlich hier in einer hypermodernen Praxis, die ja auch finanziert und Profit abwerfen möchte. Diese wirtschaftlichen von Eigennutz motivierten Belange und Voraussetzungen beeinflussen die gegebenen ärztlichen dringenden gutgemeinten Ratschläge und OP-Empfehlungen immer mit.
Was mich dennoch in diesem Zusammenhang sehr ärgert, ist folgendes: Als ich nach ca. 1 Jahr körperlich erstmalig zu bestimmten rückenstärkenden Aufbaumaßnahmen in der Lage war, wollte ich in ein bestimmtes, nur auf Rücken spezialisiertes Studio eintreten. Krankenkassen unterstützen dies finanziell nur auf KG Rezept mit Unterbrechungen und immer wieder neu zu beantragendem Rezept. Die Zwischenzeiten muss man selber tragen. Sinnvoll ist aber eine ständige und dauerhafte Stärkung der Muskulatur, und ich denke, hätte ich mich für OP und Reha entschieden, hätte dies die Krankenkasse unvergleichlich mehr gekostet (soviel Beitrag kann ich, glaube ich, mein Leben lang nicht im Studio abschwitzen.) Na ja, das Problem, dass in Prophylaxe nicht viel investiert werden möchte, ist ja bekannt.
Alles Gute wünsche ich, und es würde mich interessieren, ob es vielleicht vergleichbare Fälle wie mich gibt....