Hallo Haribo,
ich antworte auf Deine konkreten Fragen am Ende Deines Beitrags:
1. Wie einen guten Hausarzt finden?
Hier ein paar Anregungen:
Du suchst einen Arzt, der Erfahrung mit seltenen und chronischen Erkrankungen hat - im Optimalfall mit neurologischen Komponenten, aber es ist schon gut, wenn generell Erfahrung mit seltenen und chronischen Erkrankungen besteht. Vor allem suchst Du einen Hausarzt, dem informierte Patienten nicht verdächtig sind, sondern der es zu schätzen weiss, dass Du Dinge selber in die Hand nimmst.
- Bei Selbsthilfegruppen/in Foren fragen. Dabei kann es auch sinnvoll sein, in Selbsthilfegruppen, die sich mit verwandten Themen beschäftigen, anzufragen.
- Recherchieren, welche Hausärzte zuvor in einer Klinik Oberärzte oder Chefärzte waren - da kann evtl. eher wissenschaftliches Denken vorliegen. Diese Ärzte werden Fachärzte sein, die trotzdem hausärztlich arbeiten.
- in Online-Bewertungsforen genau nachlesen. Was berichten Patienten, die ebenfalls "schwierige Fälle" sind? Das ist relevant. Wie die Wartezeit oder die Einrichtung des Wartezimmers ist, kann Dir egal sein.
2. Wie beim Hausarzt von Anfang an verhalten?
Den ganzen Ordner mitzubringen ist keine gute Idee - das haben mir auch Ärzte gesagt. Das macht den Ärzten Angst und überfordert sie. Es ist sinnvoll, selber eine kurze gut strukturierte Zusammenfassung zu schreiben und dem Arzt zu geben (Symptome, Verlauf, bisherige Abklärung und Ergebnisse etc.), und vielleicht die wichtigsten 3-5 Befunde mitzunehmen. Mehr nicht. Wenn der Arzt mehr haben will, kannst Du das beim nächsten Termin mitbringen.
Am Beispiel einer seltenen Erkrankung gibt es hier gute Tipps, wie man sich als "schwieriger Patient" am besten verhält.
The empowered patient3. Wo motivierte Orthopäden, Neurologen, Physiotherapeuten finden?
Für die Ärzte vor Ort gilt aus meiner Sicht: Es ist wichtiger, dass sie bereit sind, dran zu bleiben und mit Dir und an Dir zu lernen, als dass sie Antworten haben. Hier kommt es auf die Persönlichkeit der Ärzte und Therapeuten an, auf die Frustrationstoleranz und die Bescheidenheit. Es ist schwierig, da generelle Tipps zu geben. Das können auch junge Ärzte und Therapeuten sein, die wissbegierig sind und ungewöhnliche Fälle spannend finden. Oder erfahrene, die wissen, wo die Grenzen ihres Wissens sind. Auch hier können andere Patienten in ähnlichen Situationen vielleicht Tipps geben. Ratschläge von Freunden und Bekannten helfen oft nicht weiter, denn es macht einen großen Unterschied, ob man eine Erkrankung hat, bei der Diagnostik und Therapie klar etabliert sind oder nicht.
Ich würde Dir raten: Wenn bei einem Arzt die Chemie stimmt, dann bleib dran. Frage, ob Du in einem regelmäßigen Rhymthmus Termine machen kannst und er bereit ist, Deinen Fall zu begleiten.
4. Die Frage nach der "verwertbaren" Diagnose
Das ist vermutlich die schwierigste Frage. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus muss ich sagen: Es ist hilfreich, sich so gut zu informieren, dass man selber einen fundierten und differenzierten Verdacht hat, was das Problem sein könnte - und dann gezielt nach Ärzten zu suchen, die genau in dem Bereich forschen und genau darauf spezialisiert sind. Oder zumindest auf benachbarte Felder. Und es ist wichtig, den Ärzten gegenüber klar zu kommunizieren, dass man von der Qualität der Befundberichte abhängig ist.
Wenn Du eine Idee hast, was bei Dir das Problem sein könnte (z.B. Verletzung des Rückenmarks durch Distorsion/Dehnung/Instabilität), dann suche in Publikationen auf www.pubmed.com oder in den Leitlinien auf awmf.org, wer in diesem Bereich spezialisiert ist, und frage an, ob diese Ärzte bereit sind, einen Blick auf Deinen Fall zu werfen.
5. Konkrete Infos wegen zustehender Unterstützungsleistungen
Einige Hinweise gibt es hier im Forum. Des weiteren gibt es ein Forum auf unfallopfer.de mit guten rechtlichen Tipps. Es kann sinnvoll sein, beim VDK Mitglied zu werden; so hat man recht kostengünstig Anspruch auf Beratung durch den VDK.
Jedem Patienten mit einer seltenen Erkrankung oder atypischen Präsentation einer Erkrankung würde ich zu einer Rechtsschutzversicherung raten, die am besten auch Sozialrecht beinhaltet.
Es gibt außerdem die unabhängige Patientenberatung (die seit einem Betreiberwechsel nicht mehr ganz so unabhängig ist, aber trotzdem hilfreich sein kann):
Unabhängige PatientenberatungBei der Arbeitsagentur und Rentenversicherung gibt es ebenfalls Beratungsstellen.
Vielleicht kann auch ACHSE, die Allianz chronischer seltener Erkrankungen, Tipps geben, welche Ärzte an ungewöhnlichen Fällen interessiert sein könnten:
ACHSEHoffentlich kann noch jemand ergänzen, das ist sicherlich keine vollständige Aufzählung.
Viele Grüße,
odysseus