Dieses Forum ist eine private Initiative von Betroffenen.
Nur durch das persönliche Engagement von Admins, Moderatoren und Betreuern - jenseits eines kommerziellen Betriebes - sind wir in der Lage, ein Forum zum neutralen Erfahrungsaustausch - unabhängig - zu betreiben.
Wir bitten daher alle Firmenrepräsentanten, unsere Unabhägigkeit zu unterstützen und durch Verzicht auf Produkt- und Firmennennungen das Forum werbefrei zu halten.
Homepage · Boardregeln . Boardanleitung | Datenschutzbestimmung Lexikon Suche Mitglieder Kalender Mitgliederkarte |
Willkommen Gast ( Einloggen | Registrieren ) | Bestätigungs E Mail erneut senden |
und können und sollen in keinem Fall eine ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen. |
Magda123 |
Geschrieben am: 02 Jan 2025, 22:12
|
Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 7 Mitgliedsnummer.: 29.802 Mitglied seit: 08 Okt 2024 |
Hallo,
mein Freund (27) hatte im Dezember '23 einen Bandscheibenvorfall L5/S1. Seither hat er 4 PRT Spritzen bekommen (im abstand von jeweils 2-3 Monaten), die auch gut geholfen haben temporär, aber am Ende waren die Schmerzen wieder da. Physio hat die Lage auch nicht wirklich verbessert. Er war heute bei einer Klinik zur Besprechung einer möglichen OP und sie würden ihm zu dem Eingriff raten (Entfernung des ausgetretenen Gewebes), weil nach einem Jahr die Chancen gering sind, dass es der Körper noch selber abbaut. Sein betreuender Orthopäde tendiert inzwischen auch eher zur OP. Wir werden nächste Woche noch eine weitere ärztliche Meinung einholen. Sein größtes Problem sind die Schmerzen, die bis in das rechte Bein runterziehen. Er nimmt keine Schmerzmedikation (mag er nicht, mit Spritze auch nicht notwendig). Keine neurologischen Ausfälle, keine Muskelschwäche. Daher insgesamt eine „Kann-Indikation“. Er ist natürlich nicht scharf auf eine OP, aber ewig PRT Infiltrationen sind auch keine Lösung und die Schmerzen sind schon stark und Schränken ihn ein. Wie beurteilt ihr die Situation und die Chance, dass es vielleicht von selber noch wird? Vielen Dank! |
Pauline69 |
Geschrieben am: 02 Jan 2025, 23:20
|
PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.834 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Hallo Magda,
Hm, das ist so eine Sache, er möchte keine Schmerzmittel nehmen, aber sich dafür lieber operieren lassen, weil er hofft und denkt, nach der OP ist alles wieder gut. Das kann der Fall sein, aber das muss nicht der Fall sein. Es könnte bei der ersten, ungünstigen Gelegenheit Bandscheibenmaterial nachrutschen. Das würde dann eine erneute OP bedeuten können. Im schlechtesten Fall kommt es danach zu einem erneuten Bandscheibenvorfall, welcher dann womöglich eine Versteifung hervorrufen würde. Eine mögliche Versteifung wäre dann, unter Umständen, ein grosser Eingriff mit einer sehr langen Nachbehandlungszeit (1-2 Jahre). - nur um das Ganze mal zu erläutern - Ich kann absolut verstehen, dass er aufgrund starker Schmerzen deutlich an Lebensqualität einbüßt, ich kann auch verstehen, dass man sich nach Abhilfe sehnt und nach einem Strohhalm greifen möchte. Es kann, wie oben gesagt, auch alles gut gehen, er sollte jedoch auch die negativen Möglichkeiten bedenken. Man wird von den Ärzten oft nicht besonders gut aufgeklärt, man wird zwar über die möglichen Komplikationen aufgeklärt, aber nicht über die „normalen“ möglichen Folgeerscheinungen. Aus diesem Grund sollte eine Wirbelsäulenoperation wirklich immer die letzte Möglichkeit sein, wenn zum Beispiel (Schmerzmittel) nicht mehr ausreichend helfen, alle konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind und/oder deutliche Paresen vorhanden sind. Man sollte es sehr gut überdenken und sich auch mit den möglichen Konsequenzen auseinandersetzen. Es könnte auch bei der Operation ein Nerv verletzt oder auch nur geärgert werden, der postoperativ ganz große Probleme machen könnte. Sollte es dazu kommen, käme er, vermutlich, um Schmerzmittel/Medikamente gegen Nervenschmerzen nicht herum. Bitte, ich möchte niemandem Angst machen, nur auf die Möglichkeiten hinweisen, die durch und nach dieser Operation entstehen könnten. PRT Spritzen werden in der Regel als Serie gegeben, das bedeutet, 4-6 Stück im Abstand von 1-3 Wochen. Nach 6 Monaten kann man diese Serie wiederholen. Ich könnte mir vorstellen, dass es zu keinem langfristigen Erfolg gekommen ist, weil der Abstand der PRT Spritzen zu groß gewesen ist. Die gereizte Nervenwurzel keine Möglichkeit hatte, sich komplett zu erholen und komplett abzuschwellen, da der Abstand zu groß war, bis es einen entzündungshemmenden (Kortison) Nachschub gab. Liebe Grüße, Pauline |
blumi |
Geschrieben am: 03 Jan 2025, 07:37
|
PremiumMitglied Silber Gruppe: Betreuer Beiträge: 2.230 Mitgliedsnummer.: 27.696 Mitglied seit: 26 Okt 2018 |
Hallo Magda,
ich will mich hiermit Pauline anschließen. Da die PRTs gut geholfen haben: warum nicht mal eine echte Serie probieren, damit der Nerv abschwillt (4 - 6 PRTs im Abstand von 2 - 3 Wochen) und dann schauen, ob es besser wird? Und dann natürlich, wenn die Schmerzen nicht da sind, konsequent an die Stärkung der Rückenmuskulatur gehen, und zwar nicht nur bei der Physio, sondern möglichst täglich selbständig? Natürlich sind anhaltende Schmerzen immer auch eine relative OP-Indikation, aber damit sind anhaltende therapieresistente Schmerzen gemeint. Das sehe ich bei deinem Freind nicht wirklich, zumindest so wie du es beschreibst. Eine OP kann natürlich helfen, aber genauso kann der Schmerz schon chronifiziert sein und nach der OP unverändert vorliegen. Es gibt noch so viele Möglichkeiten - manuelle Therapie, Akkupunktur, Neuraltherapie, TENS, medizinische Trainingstherapie, ggf. auch in Form von einer Schmerztagesklinik mit intensiven Behandlungen - ich habe nicht den Eindruck, dass man, zumindest von dem was du schreibst, von einer ausgeschöpften konservativen Therapie sprechen kann. Und das ist eigentlich Leitlininegemäß gefordert, wenn eine OP bei reinem Schmerz in Erwägung gezogen wird. Mit meinem Wissen von heute hätte ich meine erste HWS-OP vielleicht vermeiden können. Und damit vielleicht auch die 4 in den darauf folgenden 3 Jahren notwendigen OPs (weiß ich natürlich nicht, das ist hypothetisch, aber damit hat alles angefangen). Die Indikation war damals hauptsächlich der Schmerz (wahnsinniger Kopf/Nacken/Armschmerz, alles außer flach liegen war kaum auszuhalten, da wird man schnell mürbe, weil man garnichts mehr machen kann) und nur eine geringe Bizepsschwäche (KG 4/5), ein stationärer Schmerzklinikaufenthalt wäre damals vermutlich hilfreich gewesen, aber mein Wissen dazu war noch zu gering, und das umzusetzen. LG, Elke |
Magda123 |
Geschrieben am: 03 Jan 2025, 09:17
|
Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 7 Mitgliedsnummer.: 29.802 Mitglied seit: 08 Okt 2024 |
Vielen Dank für die bisherigen Antworten.
Manuelle Therapie, TENS, EMS-Training, Wärme-Anwendungen, Training hat er alles gemacht. Schmerzmittel vermeidet er weil er einen sehr empfindlichen Magen hat. Die PRTs waren immer in dem Abstand, da es so ausgereicht hat, das hat auch der Arzt so eingeschätzt. Ich frage mich wie sieht die langfristige Perspektive aus. Klar, kann er nochmal PRT Spritzen in Betracht ziehen, aber auch das geht ja nicht ewig (er hat ja schon 4 und nach 6 müsste man ja glaube ich mindestens ein halbes Jahr Pause machen). Gibt es wirklich noch die realistische Chance, dass es sich von selber zurückbildet? Das MRT im Oktober hat im Vergleich zu dem im Januar keinerlei Veränderung gezeigt. Der Arzt gestern meinte, dass der ausgetretene Teil vermutlich verknöchert wurde und damit nicht mehr abgebaut wird. |
maeranha |
Geschrieben am: 03 Jan 2025, 10:50
|
BoardIngenieur Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 613 Mitgliedsnummer.: 25.179 Mitglied seit: 28 Okt 2015 |
Hallo,
I sags mal so : der GRÖSSTE Fehler ist im nachhinein IMMER die erste Operation…..woher ich das wohl weiß….leider Gruß Peter |
Pauline69 |
Geschrieben am: 03 Jan 2025, 12:24
|
PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.834 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Liebe Magda,
Peter hat im Prinzip absolut recht, die beste Entscheidung, die man treffen kann, wäre es, die erste Wirbelsäulen OP zu vermeiden - wenn man sie vermeiden kann- auch Elke hat mir ihrem letzten Absatz eigentlich genau das gleiche ausdrücken wollen. Natürlich gibt es wirklich notwendige und wirklich dringende Indikationen, aber das wären, ein sehr deutlicher Kraftverlust, eine beginnende Nervenschädigung und eine sich zeigende, beginnende Myelopathie (Rückenmarkschädigung) im MRT. Bereits die erste Operation an der Wirbelsäule bringt die gesamte Statik der Wirbelsäule durcheinander. Alle Muskeln, Bänder, Sehnen und die Facettengelenke werden in eine andere Position gebracht. Nicht selten kommt es alleine dadurch zu deutlichen Folgebeschwerden - somit wäre nichts gut, nach der ersten Operation, sondern es würde erst beginnen, problematisch zu werden. PRT Spritzen, die im Abstand von ca. 3 Monaten gegeben werden, verlieren ihren Zweck. Durch die regelmäßigen, zeitnahe Gabe des Kortison‘s, unmittelbar an die Nervenwurzel, soll die Nervenwurzel zum dauerhaften oder mindestens langfristigen Abschwellen bringen. Bei einem 12-wöchigen Abstand ist das jedes Mal nur, das Feuer löschen, nicht den Brand wirklich zu beenden. Die 6-Monatsfrist gilt nur für eine Serie von 6 PRT Spritzen, bei Deinem Freund war es keine Serie, es waren Einzelbehandlungen. Die langfristige Perspektive wäre, vermutlich, ohne eine Operation deutlich positiver, als mit einer ersten Operation. Die langfristige Perspektive ohne Operation muss genauso, wie mit Operation, dauerhaft und immer durch eine Stärkung der kleinen Rückenmuskulatur unterstützt werden, also ganz regelmäßig, durchgeführte Eigenübungen, am besten täglich. Mal einen ganz andere Frage, wie sieht der Alltag Deines Freundes aus? Hat er eine berufliche, sitzende Tätigkeit? Sitzt er allgemein viel und hat dabei einen krummen Rücken? Hat er ggf. Übergewicht? Ist er sportlich aktiv oder eher eine Couchpotato? Wurde schon mal eine Rehamaßnahme in Betracht gezogen? Wurden die Auslöser der Bandscheibenvorfall‘s verändert oder beiseite geschafft? Auch die Chronifizierung, die Elke angesprochen hat, ist nicht zu vernachlässigen! Chronifizierung bedeutet, das Gehirn entwickelt ein Schmerzgedächnis, die Synapsen im Kopf nehmen nach vielen Wochen eines Schmerzes, einen Schmerz wahr, der eigentlich gar nicht mehr vorhanden ist. Dies wäre dann leider eine Folge der Nichteinnahme von Schmerzmitteln. Eine Schmerzchronifizierung ist absolut nicht zu unterschätzen, denn dann könnte man erst einmal machen, was man möchte, der Kopf nimmt diesen Schmerz wahr - obwohl er gar nicht mehr vorhanden ist. Diese wäre dann nur noch durch eine ambulante oder stationäre Schmerztherapie, mit starken Schmerzmitteln, zu bewältigen. Gegen einen empfindlichen Magen gibt es Magenschutz Medikamente, auch gibt es Schmerzmittel, die nicht so auf den Magen schlagen, wie es beispielsweise Ibuprofen oder Diclofenac es tun. Es wäre ebenfalls ratsam erst einmal etwas über die Entstehung und die Folgen einen Bandscheibenvorfall‘s, zum Beispiel, durch eine Reha zu lernen, seinem Körper wieder zu vertrauen. Es ist auch kein Geheimnis, dass in Deutschland viel, viel zu viele Rücken OP‘s, unnötigerweise, durchgeführt werden, nämlich, weil sie richtig viel Geld in die Krankenhaus Kassen bringen. Letztendlich könnt Ihr nur selber entscheiden, was der richtige Weg für Euch, beziehungsweise Deinen Freund ist, aber Du merkst vielleicht, es gibt durchaus noch viel mehr zu beachten, als nur den Schmerz loswerden zu wollen. Es gab mal einen sehr guten Artikel, ich glaube, es war bei DocCheck, über Rückenprobleme. Den Artikel müsstest Du hier im Forum finden, auf der Übersichtsseite „Bandscheibenforum“ „ Weiterführende Links“, „Das große Thema Rückenschmerzen“. Und ganz besonders auch den Artikel unter der Rubrik „Operationen“ - viel zu viele Operationen in Deutschland - Viele, liebe Grüße, Pauline |