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skokarl |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 10:50
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Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 5 Mitgliedsnummer.: 29.826 Mitglied seit: 09 Nov 2024 |
Guten Morgen ihr Lieben,
jetzt hat es mich, männlich, mit 61 Jahren auch erwischt. Meine aktuelle Diagnose nach dem MRT sieht so aus. Multisegmentale degenerative Veränderung der HWS mit Spondylarthrose und Facettengelenkhypertrophie, insbesondere auf Höhe Segment HWK 3/4 und HWK 5/6 mit hochgradiger Einengung des Neuroforamens rechts Den Besuch beim Neurochirurgen hab ich auch schon hinter mir. OP mit Prothese wird mir angeboten. Jetzt quälen mich zwei Dinge, zum einen liest man immer öfter das man lieber ein Cage nehmen sollte.... warum ?, ich versteh das nicht. Außerdem natürlich die Frage bezüglich des richtigen Krankenhauses ..... für Antworten bin ich sehr dankbar. Viele Grüße Bernd |
Pauline69 |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 13:26
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PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.782 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Hallo Bernd,
Zuerst einmal, herzlich willkommen bei uns im Forum! Dir im Alter von 61 Jahren überhaupt noch eine Prothese anzubieten, halte ich (persönlich) für ziemlich fahrlässig. Wenn Prothesen geeignet sein sollten, dann nur für sehr jungen Menschen mit sehr wenigen, degenerativen Erscheinungen an der gesamten Wirbelsäule. Bandscheiben Prothesen bestehen aus drei Teilen, einem unteren und oberen festen Teil und einem weichen, beweglichen Kern in der Mitte. Dadurch besteht schon mal per se, eine deutlich erhöhte Gefahr, dass es zu einer Instabilität in diesem Segment kommt. Des Weiteren gibt es sehr häufig Ärger mit dem weichen Kern in der Mitte. Ebenfalls sollten beim Einsatz einer Bandscheiben Prothesen, benachbarte Wirbelkörper nicht degenerativ verändern sein. Die Facettengelenke sollten keine Facettenarthrose aufweisen. Beides ist bei Dir, erwartungsgemäß durch das Alter, nicht vorhanden. Der weiche, bewegliche Teil in der Mitte hält nicht, wie es versprochen wird, nicht selten kommt es zu einem auflösen des Kern’s. Als Folge dessen würden sich die beiden festen Teile (Platten oben und unten) unwillkürlich verschieben, sie können sich dabei in den Spinalkanal bohren, den Nerv stark bedrängen. Leider steht in dem von dir mitgeteilten MRT Bericht nichts von der Bandscheibe selbst. Hast du in diesem Segment einen großen Bandscheibenvorfall? Eine hochgradige Spinalkanalstenose? Oder handelt es sich um eine knöchern, bedingte Neuroforamenstenose? Hast du Ausfallerscheinungen in den Armen, also Kraftverlust? Bist Du, zwecks Beurteilung, schon mal bei einem Neurologen gewesen? Um dir einigermaßen vernünftige Tipps geben zu können, müsstest du uns vielleicht vorher mitteilen: 1. welche Beschwerden du hast 2. wie lange sie bestehen und welche Maßnahmen bisher (konservativ), in welcher Intensität, durchgeführt wurden 3. welche Schmerzmittel/Medikamnete wurde verordnet 4. wie sieht es mit Physiotherapie, PRT Spritzen, Kortisonstoßtherapie usw. aus Auch der vollständige MRT Bericht wäre sinnvoll. Aber davon abgesehen, würde ich mir auf jeden Fall noch einmal eine Meinung in einer anderen Klinik einholen. Suche dir dafür eine große Klinik der Maximalversorgung, mit großer, renommierter Neurochirurgie aus, eine Uniklinik oder ein kompetentes Wirbelsäulenzentrum mit Neurochirurgie. (Keinen niedergelassenen Neurochirurgen) Viele Grüße, Pauline |
skokarl |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 13:56
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Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 5 Mitgliedsnummer.: 29.826 Mitglied seit: 09 Nov 2024 |
Hallo Pauline,
mit so einer lieben ausführlichen Antwort hatte ich jetzt tatsächlich nicht gerechnet. Ich bin vom Forum schwer beeindruckt. Um Dir zu antworten .... Ich komme aus der Nähe von Kassel, jede Klinik im Umkreis von 100 km wäre keine Problem. wenn es eine gute ist dann gerne auch weiter, aber eben nur pflichtversichert. zu den Beschwerden,.... schon vor 1 1/2 Jahren tat mir immer mal der rechte Arm weh, von der Schulter bis in die Hand, in der Reha ( aus anderem Grund ) hatte ich bei Entspannungsübungen Probleme auf dem Rücken zu liegen, es tat zu sehr weh. ( Kopf nach hinten gestreckt ) Irgendwann ist es wieder verschwunden. Aktuell habe ich fast ein chronisches Kribbeln im rechten Arm, wenn ich den Kopf nach hinten neige fängt der Arm Sekunden später an zu schmerzen, neige ich dann den Kopf wieder nach unten geht der Schmerz weg. Ich habe noch keine Lähmungen, ich kann rechts immer noch zufassen, es kribbelt halt immer. Von daher denke ich, es ist noch nicht akut, aber es ist schon auf Dauer nicht angenehm. Nach dem MRT, auf Anraten des Hausarztes, konnte selbst ich erkennen das da etwas nicht stimmt. Der Befund ist vom MRT Arzt, nicht vom Neurochirurgen bei dem ich war. Zusammenfassende Beurteilung / Diagnose Multisegmentale degenerative Veränderung der HWS mit Spondylarthrose und Facettengelenkhypertrophie, insbesondere auf Höhe Segment HWK 3/4 und HWK 5/6 mit hochgradiger Einengung des Neuroforamens rechts Befundung Bewegungsartefakte. Segment HWK 3/4: Rechts mediolaterale Bandscheibenprotrusion sowie Facettengelenkhypertrophie mit Einengung des Neuroforamens rechts Segment HWK 5/6: Osteochondrose sowie ausgeprägte Facettengelenksarthrose und dorsale Spondylophytenbildung mit leichter Pelottierung des Myelons und hochgradiger Einengung des Neuroforamens rechts. Segment HWK 6/7: Osteochondrose sowie dorsale linksbetonte Spondylophytenbildung mit leichter Verlegung des Recessus lateralis links und leichter Pelottierung des Duralsacks links. Kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls. Keine hochgradige Spinalkanalstenose. Regelrechte Darstellung der miterfassten zerebralen Anteilen. Multiple kleine Lymphknoten beidseits zervikal. Liebe Grüße Bernd |
Pauline69 |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 14:29
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PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.782 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Hallo Bernd,
Befundung Bewegungsartefakte. Segment HWK 3/4: Rechts mediolaterale Bandscheibenprotrusion sowie Facettengelenkhypertrophie mit Einengung des Neuroforamens rechts Segment HWK 5/6: Osteochondrose sowie ausgeprägte Facettengelenksarthrose und dorsale Spondylophytenbildung mit leichter Pelottierung des Myelons und hochgradiger Einengung des Neuroforamens rechts. Segment HWK 6/7: Osteochondrose sowie dorsale linksbetonte Spondylophytenbildung mit leichter Verlegung des Recessus lateralis links und leichter Pelottierung des Duralsacks links. Kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls. Keine hochgradige Spinalkanalstenose. Regelrechte Darstellung der miterfassten zerebralen Anteilen. Multiple kleine Lymphknoten beidseits zervikal. Ich füge Dir mal eine Rubrik aus unserem Forum anbei, in der Du die verschiedenen Kliniken rund um die Postleitzahl 3 finden kannst. https://www.bandscheiben-forum.de/ibf/index...key=title&st=25 Das Segmente C5/C6 und C6/C7 sind am ausgeprägtesten betroffen, bei C5/C6 findet sich eine hochgradige Neuroforamenstenose rechts, bei C6/C7 links, Knochenanbauten, dadurch bedingt eine leichte Verlagerungs des Recessus und eine leichte Pelottierung des Duralschlauch‘s, das ist der Teil vor dem eigentlichen Rückenmark. Eine Osteochondrose ist eine fortschreitende degenerative Veränderung im Knorpel und Knochen sowie im angrenzenden Bereich der Bandscheiben der Wirbelsäule. Sie entsteht durch eine Abnutzung der Bandscheiben und der angrenzenden Wirbel. Und auch eine Facettengelenkarthrose kann mächtigen Ärger machen. Da es sich um eine reine knöcherne Verengungen zu handeln scheint, werden konservative Maßnahmen keinen grossartigen Erfolg haben. Ja, Du hast recht, solange es zu keinen deutlichen, motorischen Auffälligkeiten kommt, ist noch keine Eile geboten. Dennoch wird es vermutlich zu keiner Beschwerdeverbesserung kommen, sodass eine Vorstellung und fachmännische Beurteilung, einer guten Neurochirurgie, angezeigt ist. Die allermeisten Kliniken behandeln alle Versichertenformen, auch alle Unikliniken. Welche große Klinik wäre denn für Dich am besten zu erreichen (man sollte dabei auch an Vorstellungstermine, OP Termine, Nachsorgetermine denken). Du kannst, in den von Dir ausgewählten Kliniken, im Sekretariat der Neurochirurgie/Ambulanz anrufen. Manche möchten eine Überweisung, manche eine Überweisung eines Orthopäden, manche benötigen keine Überweisung, aber das würde man Dir am Telefon alles mitteilen. Die Diagnose solltest Du „parat“ haben. Oft haben diese Termine keine sehr lange Vorlaufzeit. Liebe Grüße, Pauline |
skokarl |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 14:59
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Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 5 Mitgliedsnummer.: 29.826 Mitglied seit: 09 Nov 2024 |
Liebe Pauline,
Danke erstmal für die ganzen Infos. eins noch, wenn Du mal Zeit hast ..... Warum zucken bei Prothese soviele zusammen und raten lieber zum Cage ? Und sind die Einschränkungen beim Cage merklich störend ? LG |
Pauline69 |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 18:59
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PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.782 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Hallo Bernd,
Prothese bringen einige Gefahren mit sich, die ein Cage nicht ausfweist. Prothesen sind deutlich anfälliger, als ein Cage, Prothesen bringen keine Stabilität in das ohnehin schon geschädigte Segment, Prothesen haben (teilweise) einen recht hohen Materialverschleiß, die ein Cage überhaupt nicht hat. Prothesen machen wesentlich häufiger ein Problem, als Cages, eine Revisions-OP mit einer Prothese führen nur sehr wenig Ärzte durch. Neben all den deutlich häufiger auftretenden Problemen ist für mich allerdings noch etwas ganz relevant. Der angebliche Vorteil einer Prothese, nämlich die (vermeintliche) bessere Beweglichkeit im operierten Segment und die dadurch, solange sie funktioniert, geringere Beanspruchung im darunter und darüberliegenden Segement, hat sich nach einigen Monaten sowieso vollkommen erledigt!! Knochen ist ein dynamisches Gewebe, es umbaut Bruchstellen, baut Anbauten, durchknöchert. Sonst würde ein Knochenbruch nicht heilen und es gäbe keine Knochenanbauten (wie in Deinem MRT Befund / Spondylophytenbildung). Somit umbaut und durchknöchert es auch eine Bandscheibenprothese, genau wie einen Cage. Eine Prothese ist somit nach allerspätestens 2 Jahren genauso unbeweglich und starr, wie ein Cage. Im besten Fall hättest Du dann also eine verknöcherte Prothese (wenn sie vorher keine Probleme gemacht hat) ohne jegliche Beweglichkeit. Ich selbst habe 3 Cage, 2018 bekam zwei bei C5-C7 und im März 2024 einen bei C4/C5. Ich habe in der Bewegung im Prinzip keinerlei Einschränkung, kann den Kopf um 90 Grad nach links und rechts drehen. Wenn, dann habe ich nur minimale Einschränkungen, zum Beispiel, wenn ich mit dem Kinn das Brustbein berühren möchte oder ein wenig, wenn den Kopf in den Nacken legen muss, jedoch fallen diese nur auf, wenn ich mit meinem Kinn, z.B., ein hochgezogenes T-Shirt festhalten möchte :z oder ein Handy zwischen Schulter und Ohr klemmen möchte. |
skokarl |
Geschrieben am: 09 Nov 2024, 19:47
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Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 5 Mitgliedsnummer.: 29.826 Mitglied seit: 09 Nov 2024 |
Super toll erklärt...macht Sinn, und jetzt verstehe ich das alles besser.
Ganz lieben Dank. |
skokarl |
Geschrieben am: 12 Nov 2024, 14:15
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Neu hier Gruppe: *Mitglied* Beiträge: 5 Mitgliedsnummer.: 29.826 Mitglied seit: 09 Nov 2024 |
Hallo @Pauline69,
ich war heute bei uns in einer orthopädischen Klinik, Zweitmeinung, im Rahmen eines Programmes der Krankenkasse. Ich wurde dort tatsächlich einem Arzt, einem Physiotherapeuten und einem Psychologen vorgestellt. Nach drei Stunden gab es ein Abschlussgespräch. Empfehlung war, dass ich erst eine Physiotherapie und eine psychologische Reha oder Tagesklinik/stationär oder ähnliches probieren soll. Hintergrund ist, dass ich zwar Schmerzen im Arm habe, ( sobald ich den Kopf nach hinten strecke ) aber der Schmerz allgemein könnte auch woanders herkommen. Psychisch bin ich auch tatsächlich schon lange stark angeschlagen. Beweglich bin ich auch nicht mehr wirklich....habe ich heute wieder gemerkt ( heul ) aber es ist natürlich auch meinem Job geschuldet. Als IT' ler über 30 Jahre am PC gesessen, und abends zu faul zum Sport. Die OP soll ich solange verschieben, denn außer dem Schmerz gibt es noch keine Ausfallerscheinungen. Was denkst Du ? Bearbeitet von skokarl am 12 Nov 2024, 14:16 |
Pauline69 |
Geschrieben am: 12 Nov 2024, 17:47
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PremiumMitglied Bronze Gruppe: Betreuer Beiträge: 1.782 Mitgliedsnummer.: 27.762 Mitglied seit: 02 Dez 2018 |
Hallo Bernd,
Da hast du aber wirklich Glück gehabt, dass du so gründlich, umfangreich und fachübergreifend untersucht worden bist - das ist nur sehr, sehr selten der Fall! Ich finde, die Vorgehensweise hört sich sehr logisch an, insbesondere wenn du selbst angibst, dass du psychisch etwas angeschlagen bist. Regelmäßige gute Physiotherapie kann viel erreichen, Betonung liegt auf kann, eine vernünftige psychologische, schmerzadaptierte Rehabilitation kann nur von Vorteil sein, für die Verarbeitung und die Akzeptanz aktueller und in Zukunft folgender Beschwerden. Auch ich sehe die Aussage komplett korrekt, solange es zu keinen deutlichen motorischen Auffälligkeiten kommt, ist eine OP noch nicht wirklich angezeigt. Für eine OP Indikation gibt es immer drei Stufen: 1. Schmerzen – keine oder erst mal keine OP Indikation. 2. Sensible Störungen – keine OP Indikation. 3. Motorische Auffälligkeiten – deutlicher Kraftverlust im dazugehörigen Dermatom, grundsätzliche OP Indikation Wobei das nicht heißt, dass dann auch wirklich oder dringend operiert werden muss, es kommt auch dabei auf das Ausmaß an. Aus meinen eigenen Erfahrungen weiß ich, dass gute Neurochirurgen nicht gleich das Messer zücken wollen, sie sind sehr zurückhaltend, bis sie eine wirkliche OP Indikation geben – und das ist auch richtig so! Ein konservativer Therapieversuch gilt sowieso erst nach mindestens sechs Monaten als gescheitert, was aber nicht ausschließlich auf Schmerzen und Sensibilitätsstörungen zurückzuführen ist, sondern Grundlage sind immer motorische Defizite. Liebe Grüße, Pauline |