Bandscheiben-Forum

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> Wie lange PRT möglich, 9. Woche Bandscheibenvorfall LWS 5/5
Anica
Geschrieben am: 30 Jul 2024, 13:01


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Guten Tag ihr Lieben,

Ich befinde mich nun in der 9. Woche eines mittelvolumigen medialen Bandscheibenvorfalls in der LWS LWK 5/5 WK 1 mit rechtsführender Affektion der S1 Wurzel beidseitig im Recessus. Dieser wurde bisher konservativ behandelt.
Ich bekomme Physiotherapie, Akupunktur (bisher 5 Behandlungen) und hatte anfangs Schmerzmittel und war zur Osteopressur.
Wie lange würde denn noch eine PRT in Frage kommen?
Ich würde es gern noch weiterhin ohne PRT probieren, habe aber Angst, dass diese Methode dann in ihrer Wirksamkeit nachlässt.
Ich habe derzeit immer mal wieder Kribbeln im rechten Oberschenkel und ich denke es sind Nervenschmerzen im rechten Bein. Auch im Rücken kniepert es. Fühlt sich aber eher nach Verkürzungen und Verspannungen.
Grundsätzlich bin ich ziemlich mobil, laufe oft zwischen 10.000-17.000 Schritte.
Darf ich weiterhin einfach Geduld haben und bin mit den Behandlungen auf einem guten Weg oder sollten das Kribbeln nun schon weg sein?
In den ersten paar Ragen konnte ich so gut wir nicht laufen, sitzen fiel mir auch lange schwer. Laufen ging wieder nach 2-3 Tagen und sitzen geht mittlerweile auch schon viel besser, jedoch noch mit Einschränkungen.


Ich freue mich über eure Antworten.

Liebe Grüße



Anica
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paul42
Geschrieben am: 30 Jul 2024, 15:53


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Hallo Anica

Bei einem BSV passiert in der Akutphase 6- 12 Wochen erstmal folgendes.
Zunächst erweitert sich der BSV, da sich nun das eingelagerte Wasser das BS Material im Volumen ausdehnen kann. Man spricht von Hydration der BS bis etwa Woche 4.

Durch Kontakt und Bedrängungen reagieren beteiligte Nerven nun mit einer Entzündungsreaktion.

Das Immunsystem reagiert und versucht das BS Material zu resorbieren.

Nach etwa 8 Wochen beginnt die Dehydration des BS Materials. Das BS Material verliert dann das Wasser, sodass eventuell räumliche Entlastung für den bedrängten Nerv entstehen kann.

Das scheint bei deiner Wegstrecke eigentlich bisher ganz gut zu funktionieren, dennoch könnte eine PRT das Ganze noch zusätzlich unterstützen.
Hier wird unter Bildwandler genauso versucht, das Volumen des BSV und die Entzündungsreaktion am Nerv zu mindern.

Das empfundene Kribbeln ist aber dennoch ein Hinweis, auf weiter bestehende Irritation der beteiligten Nervenwurzeln.

Wenn es dir von ärztlicher Seite bereits angeboten wurde, ist das allemal besser als einen verkalkten oder verklebten BSV nach Monaten operativ zu entfernen.

PRT Spritzen haben sich bei frischen Vorfällen als unterstützende konservative Maßnahmen eigentlich als gut und hilfreich bewährt.

Viele Grüße

paul42

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Anica
Geschrieben am: 30 Jul 2024, 18:37


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Lieber Paul42,

Vielen lieben Dank für deine schnelle und ausführliche Antwort!

Also lese ich heraus, dass alles eigentlich bisher "im üblichen Rahmen" abläuft?

Die PRT Spritze wurde mir direkt bei meiner ersten Vorstellung beim Wirbelsäulenzentrum als Option vorgeschlagen.
Dort war ich aber erstmal nur, weil der mir empfohlene Arzt im Urlaub war. Dort wurde mir gesagt, dass wir das alles ohne OP hinbekommen. In dieser Praxis bekomme ich auch die Akupunktur jnd habe eine Spritze in den unteren Rücken bekommen, die auch gut geholfen hat. Vielleicht kann auch diese wiederholt werden.

Und wie lange kann so ein gereizter Nerv sich bemerkbar machen?

Hast du vielleicht auch noch andere Tipps für mich? Übungen die besonders effizient sind?

Beste Grüße

Anica
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paul42
Geschrieben am: 31 Jul 2024, 12:28


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Hallo Anica

Zunächst ist das empfundene Kribbeln nur eine leichte Irritation der bedrängten Nervenwurzel.

Das kann sich je nach schwere des Vorfalls in Taubheit, dann muskulären Krämpfen, bis hin zum motorischen Ausfall beteiligter Muskeln entwickeln.

Schmerzfreiheit kann erst dann entstehen wenn der Nerv nicht mehr bedrängt wird.

Oftmals ist der Vorfall aber auch mit anderen Begleiterscheinungen verbunden.
Im schriftlichen MRT Befund beschreibt der Radiologe alles was er sieht.

Jeder BSV hat seine individuelle Vorgeschichte, daher ist jeder Fall immer ein Einzelfall.

Ist erster Linie setzt man auf Schonung und moderate rückenfreudliche Bewegung.

Bewegung ist zur Vermeidung von Schonhaltung wichtig, aber weg trainieren lässt sich ein BSV leider nicht.
Die ultimative Übung heißt Geduld, d.h. man achtet auf seinen schmerzfreien Bewegungsradius.

Langfristig gesehen gibt ein großes Behandlungsangebot Klick mich

Was für dich individuell sinvoll wäre, solltest du im Gespräch mit dem NC erörtern und mit einem Phsio besprechen.
Mit Sicherheit besteht sein Angebot zur PRT noch immer und die Behandlung lässt sich auch wiederholen.

Viele Grüße

paul42
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Anica
Geschrieben am: 31 Jul 2024, 16:48


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Lieber Paul42,

Lieben Dank für die erneute Rückmeldung und den Link. :-)

Ich werde morgen mal den weiteren Fahrplan mit meinem Arzt besprechen und mich durch den Link stöbern, um zu schauen was ich noch nicht probiert habe.

Noch eine Frage, vielleicht kannst du mir diese ja beantworten - nach welchem Zeitraum spricht man denn von einem "alten" Bandscheibenvorfall. Ich habe so große Angst, dass ich dann irgendwann "zu spät" dran bin mit irgendwelchen Behandlungen. Obwohl man ja überall liest, du dies auch ausführlich beschreibst und der Arzt auch bestätigt, dass meine "Wegstrecke" völlig im Rahmen ist.

Beste Grüße

Anica
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Pauline69
Geschrieben am: 31 Jul 2024, 18:49


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Liebe Anica,

Ich werde dir jetzt mal versuchen, mit meinen Worten zu antworten.

Eine Affektion der Wurzel bedeutet in der Regel eigentlich nur, dass das Bandscheibenmaterial eine Nervenwurzel berührt. Durch die Berührung der Nervenwurzel kommt es zur ausstrahlenden Symptomen, wie kribbeln, leichte Taubheit, ausstrahlende Schmerzen (Nervenschmerzen).

Ein mittelvolumiger, medianer Bandscheibenvorfall mit der Affection der S1 Wurzel beidseitig, spricht erst mal noch für keinen operativen Befund.
Es bedeutet, dass es ein mittelgroßer, mittig liegende Bandscheibenvorfall ist der beidseitig die S1 Wurzel berührt.

Diese Worte drücken noch keinen operationswürdigen Befund aus.
(Laut des schriftlichen Befund‘s)

Richtung OP Indikation geht es dann, wenn es zu einem deutlichen Kraftverlust in der Fußsenkung kommen würde.
Jedoch müsste man auch dann noch keine Sorge haben, dass man etwas verpasst, denn in der Regel wird auch eine
Fußsenkerparese erst einmal konservativ, versucht zu behandeln.

Cortison ist dabei das Mittel der Wahl!
Durch das Cortison wird die gereizte, und dadurch aufgegequollene, Nervenwurzel zum abschwellen gebracht.
Gleichzeitig trocknet durch das Cortison, das herausgetretene Material, welches die Nervenwurzel reizt, langsam Schritt für Schritt aus und wird dadurch kleiner.
Dieser ganze Vorgang benötigt 4-6 Monate.

Sollte es nach 4-6 Monaten zu keiner spürbaren Verbesserung, trotz ausreichender konservativer Therapie gekommen sein, die Schmerzen, die Lebensqualität deutlich einschränken, ist es Zeit, zumindest über eine Operation nachzudenken.

Unter einer ausreichenden, konservativen Therapie versteht man:
Entweder eine Cortisonstoßtherapie mittels Tabletten oder Infusionen
Und/oder eine Serie an PRT Spritzen (maximal 6 Stück im Abstand von 2-3 Wochen)
Eine gute, medikamentöse Einstellung mit Schmerzmitteln und gegebenenfalls Mittel gegen Nervenschmerzen
Eine ausreichende und gute Physiotherapeutische Behandlung, manuelle Therapie, Wärmeanwendungen, Massage
Eventuell Akupunktur

Die allermeisten Bandscheibenvorfälle „heilen“ von alleine wieder aus.
Viel zu häufig wird viel zu früh operiert.
Jedoch wird dabei schnell vergessen, dass eine operierte Bandscheibe sehr viel empfindlicher auf kommende Belastungen reagiert als eine „geheilte“ Bandscheibe.

Der Versuch mittels PRT Spritzen ist nie zu spät, jedoch sind die Erfolgsaussichten, bei einem frischeren Bandscheibenvorfall, deutlich höher.
Als frisch gilt ein Bandscheibenvorfall in den ersten Wochen, die Definition legt jeder ein wenig anders aus.
Ein alter Bandscheibenvorfall ist viele Monate bis viele Jahre alt.

Ein zu spät dran sein, gibt es nur in den aller wenigsten Fällen.
Vorher käme es jedoch zu sehr auffälligen Symptomen, es würde die komplette Fußsenkung des betroffenen Beines versagen, die Nervenschmerzen wären kaum noch aus haltbar, im MRT Bericht würde man von einer absoluten Neuroforamenstenose oder absoluten Spinalkanalstenose sprechen.
Die so genannten Red Flags sind ein Stuhl-oder Harnverlust/Verhalt.

Liebe Grüße,
Pauline
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Anica
Geschrieben am: 31 Jul 2024, 20:21


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Liebe Pauline,

Ich danke dir vielmals für deine ausführliche Erklärung! Das beruhigt mich!

Ist es durchaus üblich, dass man im Verlauf nochmals eine Medikation aufnimmt, die zwischenzeitlich durch Besserung abgesetzt wurde?
Bzw. woe lange kann man denn ohne weitere große Sorge medikamentös behandelt werden?
Gibt es auch eine Bedarfsmedikation für Tage an denen es "schlimmer" ist oder ist so etwas weniger ratsam?

Beste Grüße

Anica

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